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Deutsche Rundschau.
oberflächliches, gleichgültiges Abbild. Schadow's Friedrich der Große aber, der in Stettin steht, übertrifft Rauches berühmtes Berliner Denkmal an Würde und Inhalt.
Für dieses geben die Abbildungen sehr werthvolles Material. Ich finde, daß Eggers in der Vergleichung dieser Skizzen weiter hätte gehen können. Er spricht mehr vom Piedeftale als von der Gestalt des Königs. Das Thema ist von besonderem Interesse, da uns die Errichtung einer Kaiserstatue Levorsteht.
Angenommen wird, Schlüters Großer Kursürst stelle den Fürsten so dar, daß eine künstlerisch wirksamere und historisch würdigere Statue nicht zu denken sei. Schlüter stand bei seinem Werke Girardon's Statue Ludwig's XIV. vor Augen, die in der Revolution zu Grunde ging. Bei Schlüter's Großem Kurfürsten fällt uns zuerst das Verhältniß des Reiters zum Pferde auf. Wie bei jenen zwei Reiterstatuen, welche in Herculanum wieder ans Licht kamen, ist es im Verhältniß zum Reiter klein und von seinen Gliedern. Man bemerke, in wie gewaltiger Wucht bei Schlüters Statue die Beine des Reiters zu beiden Seiten tief herabhängen, ohne Steigbügel und ohne die Haltung, die der Steigbügel für die Füße verlangt, die etwas eingekehrten Spitzen. Sondern gewaltig und der Schönheit des menschlichen Wuchses entsprechend strecken die Füße in majestätischer schwebender Bewegung sich vor. Hoch über den Kops des Pferdes ragt das Haupt des Herrschers empor, und kräftige Arme kennzeichnen die körperliche Gewalt als Symbol der geistigen. Ohne Zweifel ist dies Verhältniß das richtige. Bei der Reiterstatue eines Herrschers hat das Pferd keine eigene Rolle zu spielen, sondern nimmt den Rang eines gleichsam belebten Thronsessels ein. Diese Unterordnung erschien, wie die Lichtdrucke der Skizzen beweisen, auch Rauch zuerst als das natürliche Verhältniß. Hoch über den Kops des Pferdes ragt anfangs das lorbeergekrönte Haupt des Königs empor, während die Beine in einer leichten, die Nacktheit andeutenden Hülle sich tief über die Bauchlinie des Pferdes hinab zwanglos und ohne Steigbügel rechts und links Vorstrecken. Bemerken wir Wohl, daß Rauch seine Statue in antiker Gestaltung ausbaute, während er in seinen Feldherrnstatuen längst zur modernen, realistisch der Natur nachgeahmten Uniform übergegangen war.
Er empfand, daß der König durch den Anklang an die antike Form in einen höheren Bereich historischer Existenz versetzt werde. Bemerken wir nun, wie Anfangs die Gestalt Friedrich's, mit der zugleich herrschend und segnend ausgestreckten Hand, sich über dem Pferde erhebt: ein mächtiger Mann, der die Ehrfurcht einathmet, in der die Millionen, die er beherrscht, zu ihm aufblicken und mit der spätere Generationen noch zu ihm emporsehen werden. Es muß etwas über den Wechsel der Zeiten Erhabenes in der Gestalt eines solchen Herrschers liegen.
Dann zeigen die sich folgenden Skizzen, wie Rauch endlich zu der Gestalt des Königs gedrängt wurde, die heute sichtbar ist. Immer mächtiger wird das Pferd, immer geringer werden die Maße des Reiters. Friedrich's Haupt sinkt tiefer und tiefer, bis es kaum noch über den hoch und breit sich erhebenden Kops des Pferdes herausreicht. Die Beine werden immer kürzer und schließen sich dem Pferde mehr und mehr an, so daß die nun in Stiefeln und Steigbügeln steckenden Füße endlich die Bauchlinie kaum noch unterbrechen. Die vorher befehlend ideal ausgestreckte Hand stemmt sich nun in realistischer Bewegung auf die Hüfte; der Hut nimmt die Stelle des Lorbeerkranzes ein, und der Hermelinmantel wird aus einem Gewände ein bloßes Kleidungsstück.
Wir wollen hier keine Schlüsse ziehen, sondern nur darauf Hinweisen, wie diese Umgestaltung eine allmälig sich vollziehende war, und wie besonders der Wille des neueintretenden Friedrich Wilhelm's IV. die letzten Accente realistischer Natürlichkeit vom Künstler bei der Gestaltung des großen Königs begehrte. Am ausfallendsten, wenn wir Friedrich II. mit dem Großen Kurfürsten vergleichen, ist das zunehmende Wachsthum des Pferdes, dessen gewaltige Formen zuletzt den Zweck zu erfüllen haben, der Gestalt des Königs an Majestät das zuzulegen, was Friedrich's genau der Natur nachgebildeten Gestalt an Höhe und Fülle abging.
Bei den vielfachen Skizzen für Denkmäler Kaiser Wilhelm's I., welche die letzte Zeit entstehen sah, hat man dem Pferde meistens eine noch viel weitergehende Rolle