Heft 
(1891) 66
Seite
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Deutsche Rundschau.

Um Gotteswillen ..."

. . . Aber der Cavalier einer Prinzessin zu sein, dazu fehlt ihm nicht mehr als Alles. Er steht da mit der Feierlichkeit eines Oberpriesters und weiß nie, wann er lachen soll. Und dies ist etwas sehr Wichtiges. Unsere gnädigste Prinzessin, ich denke, daß wir einig darüber sind, hat einige kleine Schwächen, darunter auch die, sich auf die geistreiche Frau des vorigen Jahrhunderts hin auszuspielen. Sie hat in Folge davon eine Vorliebe für ältere Anekdoten und Citate und verlangt, daß man beide nicht bloß versteht, sondern sie auch zu- stimmeud belächelt. Aber von diesem ABC der Sache hat der Graf keine Vor­stellung."

Und das haben Sie während einer Audienz von kaum zehn Minuten dem armen Grafen Alles von der Stirn gelesen?"

Ich weiß nicht, ob ich diesen Ausdruck gelten lassen darf, denn das Wesent­liche lag darin, daß ihm, all' die Zeit über, überhaupt nichts von der Stirne zu lesen war. Und das ist das Schlimmste. Da sprach beispielsweise die Prinzessin von König Heinrich dem Vierten und kam auf dasHuhn im Topf," von dem man füglich nicht mehr sprechen sollte. Aber gerade, weil es so schwach mit diesem Huhn steht, hat ein Hofmann doppelt die Verpflichtung, zu lächeln und nicht leblos dabei zu stehen und eine sich nach Beifall umsehende Prinzessin im Stich zu lassen."

Ueber Erichsen's ernstes Gesicht glitt ein stilles Behagen.

Und dann sprach die Prinzessin huldvoll von meiner Bleichsucht oder, daß ich sie beinahe haben müßte. Nun, ich bitte Sie, Baron, bei Bleichsucht muß immer gelächelt werden, das ist einmal so herkömmlich, und wenn eine Prinzessin die Gnade hat, noch etwas vonEisen im Blut" hinzuzusetzen und dadurch an­zudeuten, daß sie Darwin oder irgend einen anderen großen Forscher gelesen hat, so muß sich zu dem Heiterkeitslächeln auch noch ein Bewunderungslächeln gesellen, und wenn das Alles ausbleibt und ein Kammerherr so nüchtern dasteht, als Würde bloß zehn Uhr ausgerufen, so muß ich solchem Kammerherrn allen hof- männischen Beruf absprechen."

Es war gegen vier, als man in Klampenborg hielt. Holk war der Prin­zessin behülflich, und nachdem man die Frage, wo der Kaffee zu nehmen sei, zu Gunsten derEremitage" entschieden hatte, brach man rasch nach dem unmittel­bar angrenzenden Thiergarten auf, an dessen nördlichem Rande die Eremitage gelegen war. Der Weg dahin führte zunächst an einem großen Klampenborger Hotel vorüber, in dessen Front, auf einem zwischen Weg und Strand gelegenen Wiesenstreifen, ein Wohl hundert Schritt langes, nach drei Seiten hin geschlossenes Leinwandzelt errichtet war. Die offene Seite lag gerade dem Wege zu, darauf die Prinzessin jetzt herankam. Das Festmahl selbst hatte noch nicht begonnen, aber zahlreiche, den verschiedensten Truppeutheilen der Kopenhagener Garnison angehörige Officiere, waren bereits beisammen; überall sah man die glänzenden Uniformen sowohl der Leibgarde zu Pferde, wie der Gardehusaren, und noch bunter als das Bunt der Uniformen waren die Flaggen und Wimpel, die zu Häupten des Zeltes wehten. Als die Prinzessin bis aus hundert Schritte heran