Unwiederbringlich.
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War, bog sie scharf links in einen Kiesweg ein, weil sie die sichtlich unmittelbar vor der Eröffnung stehende Festlichkeit nicht stören wollte; sie war aber bereits erkannt worden, und de Meza, den man auf ihr Erscheinen aufmerksam gemacht hatte, säumte nicht, über den Lawn heranzukommen und die Prinzessin respect- vollst zu begrüßen.
„Lieber General," sagte diese, „so war es nicht gemeint. Eben schlägt es vier, und ich sehe bereits, wie sich die Suppencolonne vom Hotel her in Bewegung setzt. Und eine kalt gewordene Suppe, das mag ich nicht verantworten. Am wenigsten an einem Octobertage mit frischer Brise. Das liebt General de Meza nur ausnahmsweise, nur wenn er zu Felde zieht und mit seinen Leuten im Biwak liegt."
Sie sagte das Alles mit einer gewissen prinzeßlichen Grazie, worauf sie den General, der nicht unempfindlich dagegen war, unter erneuten Huldbeweisen entließ. Vom Zelt her aber klangen bereits allerlei Hochs, und die Musik intonirte das nationale: „König Christian stand am hohen Mast," bis es in den „dappren Landsoldaten" überging.
Und nun hatte die Prinzessin sammt Gefolge den Thiergarten erreicht, der gleich hinter Klampenborg mit seiner Südspitze die Chaussee berührte. Hier gab sie Erichsen ihren Arm. Dann folgte die Schimmelmann mit Pentz, weiter zurück Hvlk mit Ebba, Holk in sichtlicher Verlegenheit, wie das Gespräch einzuleiten sei. Denn ihm war nicht entgangen, daß er am Vormittage, während der Audienz bei der Prinzessin, von Seiten Ebba's mit einem leisen Anfluge von Spott und Ueberlegenheit beobachtet worden war, während der Nachmittags- sahrt aber hatte sich die Gelegenheit zu irgend welcher Anknüpfung noch nicht finden lassen wollen.
Endlich begann er: „Wir werden einen wundervollen Sonnenuntergang haben. Und kein schönerer Platz dazu, als dieser. Diese prächtige Plaine! Es sind jetzt sieben Jahr, daß ich in Klampenborg war, und in der Eremitage nie."
„Schreckte Sie der Name?"
„Nein. Denn ich bin meiner Neigung und Lebensweise nach mehr oder weniger Eremit und wäre nicht die Prinzessin, die mich dann und wann in die Welt ruft, ich könnte mich den Eremiten von Holkenäs nennen. Himmel und Meer und ein einsames Schloß auf der Düne."
„Aus der Düne," wiederholte das Fräulein. „Und ein einsames Schloß. Beneidenswerth und romantisch. Es liegt so was Balladenhaftes darin, so was vom König von Thule. Freilich der König von Thule, wenn mir recht ist, war unverheirathet."
„Ich weiß doch nicht," sagte Holk, den der Ton des Fräuleins sofort aus aller Verlegenheit riß. „Ich weiß doch nicht. Wirklich eine Doctorfrage. War er unverheirathet? Wenn mir recht ist, heißt es, er gönnte alles seinen Erben, was doch auf Familie zu deuten scheint. Freilich, es kann eine Nebenlinie gewesen sein. Trotzdem möchte ich vermuthen, er war verheirathet und im Besitz einer klugen Frau, die dem Alten, über den sie vielleicht, oder sagen wir sehr Wahrscheinlich, lächelte, seine Jugendschwärmerei mit dem Becher gönnte."