Issue 
(1891) 66
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Unwiederbringlich.

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Die Prinzessin schien bei bester Laune, was sich neben Anderem auch in ihrer noch gesteigerten Gesprächigkeit zeigte. Sie scherzte denn auch darüber und suchte bei Pentz, der heute gar nicht zu Worte komme, Indemnität nach.In­demnität," suhr sie dann sort,auch solch Wort aus dem ewig Parlamentarischen. Aber, parlamentarisch oder nicht, ans die Sache selbst, auf Straferlaß, Hab' ich insoweit einen wirklichen Anspruch, als es keinen Platz gibt, selbst mein geliebtes Fredericksborg nicht ausgenommen, wo mir so plauderhaft zu Muth sein dürste, wie gerade an dieser Stelle. Es gab Zeiten, wo ich beinah' täglich hier war, und mich stundenlang dieser Meer- und Waldherrlichkeit freute. Freilich, wenn ich sagen sollte, daß diese Freude das gewesen wäre, was man so landläufig Glück" nennt, so würd' ich's damit nicht treffen. Ich habe nur immer erquick­liche Ruhe hier gefunden, Ruhe, die weniger ist als Glück, aber auch mehr. Die Ruh' ist Wohl das Beste."

Holk horchte auf. Ihm war, als ob er dieselben Worte ganz vor Kurzem erst gehört habe. Aber wo? Und suchend und sinnend fand er's auch wirklich, und der Abend auf Holkenäs und das Bild Elisabeth Petersen's traten mit einem Male vor ihn hin, und er hörte wieder das Lied und die klare Stimme. Das war noch keine Woche, und schon klang es ihm wie aus weiter, weiter Ferne.

Die Prinzessin mußte bemerkt haben, daß Holk's Aufmerksamkeit abirrte. Sie ließ deshalb das Allgemeine fallen und suhr fort:Sie werden kaum errathen, lieber Holk, welcher Küstensaum es ist, der da, von drüben her, uns ins Fenster sieht."

Ich dachte Schweden."

Doch nicht eigentlich das. Es ist Hveen, das Jnselchen, darauf unser Tycho de Brahe seinen astronomischen Thurm baute, seinSternenschloß", wie's die Welt nannte. ... Ja, die Brahes, auch um meiner eigenen Person Willen, muß ich ihrer immer in Anhänglichkeit und Liebe gedenken. Es sind nun gerade sünf- undvierzig Jahre, daß Ebba Brahe, die damals bewunderte Schönheit bei Hofe, mein Hosfräulein war und meine Freundin dazu, was mir mehr bedeutete. Denn wir bedürfen einer Freundin, immer und allezeit (die Prinzessin reichte der Schimmelmann die Hand) und nun gar, wenn wir jung sind und im ersten Jahr unserer Ehe. Pentz lächelt natürlich; er kennt nicht das erste Jahr einer Ehe."

Der Baron verneigte sich und schien nicht bloß seine Zustimmung, sondern auch eine gewisse humoristische Befriedigung über diesen Thatbestand ausdrücken zu wollen, die Prinzessin ließ es aber nicht dazu kommen und sagte:Doch ich wollte von Ebba Brahe sprechen. Auf manchem Namen liegt ein Segen, und mit den Ebba's habe ich immer Glück gehabt. Wie wenn es gestern gewesen wäre, steht der Tag vor mir, an dem ich, von eben dieser Stelle aus, nach Hveen hinüberwies und zu Ebba Brahe sagte:Nun Ebba, möchtest Du nicht tauschen? Hast Du keine Sehnsucht nach dem Schloß Deiner Ahnen da drüben?" Aber sie wollte von keinem Tausche wissen, und ich höre noch, wie sie mit ihrer bezaubernden Stimme sagt:Der Blick von der Eremitage nach Hveen ist mir doch lieber, als der von Hveen nach der Eremitage." Und dann begann sie zu scherzen und zu behaupten, daß sie ganz irdisch sei, viel zu sehr, um sich für dasSternenschloß" begeistern zu können. Unter allen Sternen interesstre sie nur die Erde, zu deren nächtlicher Beleuchtung die andern bloß da seien. . ..