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Deutsche Rundschau.
Beflissenheit, mit welcher der Letztere vor dem Publicum jeden Schein zu meiden suchte, als hintertreibe er die häufigen Wiederholungen des „Freisch Spontini's Rückhalt blieben die Hofkreise, deren Einfluß freilich stark genug 1 ihren Günstling in seiner Machtstellung zu halten. Durch die damals nock Preußischen Staate herrschende Censur wurden sogar die freien Meinungsäußeru der Presse über Spontini gehindert, und wenn dieser bei Hofe über eine vermeintlich widerfahrene Unbill klagte, geschah es stets mit günstigem Er für ihn H. Aber was das künstlerische Ansehen betrifft, so war Spontini's S der so glänzend ausgegangen war, und nach der ersten Olympia-Aufführuu blendendem Scheine gestrahlt hatte, vom 18. Juni 1821, dem Jahrestag! Schlacht bei Waterloo, an schon wieder in langsamem Niedersinken begriffer
Der Vorzüglichkeit der ersten Olympia-Ausführung ließ auch Weber- Gerechtigkeit widerfahren O, und es mag hier der Ort sein, über Spont Directionsbegabung das Nöthige zu sagen. Ob er Talent besaß für das, man gemeinhin einen tüchtigen Kapellmeister zu nennen pflegt, möchte sehr zw Haft sein, kann aber kaum entschieden werden, da er von fremden Opern eiger nur zwei zu dirigiren Pflegte, „Armida" und „Don Juan", die er beide sehr g kannteb). Für die Direction der übrigen Opern waren zwei Musikdirect Seidel und Schneider, und zwei Concertmeifter, Möser und Seidler, vorhm Kapellmeister Bernhard Anselm Weber war am 23. März 1821 gestorben. Spontini nach Berlin kam, besaß er kaum irgend welche Uebung im Diri und wollte deshalb anfänglich auch den Tactstock überhaupt nicht führen, sor es sollte, so oft er im Orchester war, ein Concertmeifter neben ihm sitzen nach seiner Bestimmung den Tact angeben. Die technischen Handgriff! Dirigirens hat er sich auch während seiner Praxis in Berlin nicht meh zur vollen Sicherheit angeeignet. So war namentlich seine Art, die Recit zu dirigiren, ungeschickt und unklar. Dies berichtet Heinrich Dorn, der ih genug hat dirigiren sehen, und in dieser Sache gewiß ein competenter Beurt) ist I. Auch im Partiturlesen fehlte es ihm an schnellem Ueberblick und Routi als er Pfingsten 1847 auf dem rheinischen Musikfeste zu Köln dirigirte, k er sich sogar in der Partitur seiner eignen Oper „Olympia", da er sie geraume Zeit nicht dirigirt hatte, nicht mehr zurechtsinden. Die Folge t war, daß er mit dem Einstudiren eines Werkes nur langsam zu Stande Aber nicht um seinetwillen allein machte er von jeder seiner Opern eine U von Proben. Die peinliche Genauigkeit, welche ihm beim Componiren eigen übertrug er auch aus die Ausführung seiner Werke. Er ruhte nicht, bis
1) F. W. Gubitz, Erlebnisse. 3. Band. Berlin, 1869. S. 241 f.
2) M. b. Weber, Carl Maria von Weber. Ein Lebensbild. 2. Band. Leipzig, E 1864. S. 306.
3) Am 6. November 1826 dirigirte Spontini die zum Besten der Hinterbliebenen 2 bestimmte.neunundneunzigste Vorstellung des „Freischütz", was ihm bei seiner Abneigung das Werk hoch anzurechnen ist.
Dorn, Aus meinem Leben. Musikalische Skizzen. Berlin, Behr's Buchhandlung. Dritte Abtheilung, S. 3 f.
°) Ed. Devrient, Meine Erinnerungen an Felix Mendelssohn-Bartholdy. 2. Leipzig, I. I. Weber. 1872. S. 28.