Spontini in Berlin.
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Der Text beruht auf dem Märchen von den neun Bildsäulen aus „Tausend und eine Nacht". Alcidor, ein junger Held, schwankt zwischen Kriegsruhm und Liebe. Zu ersterem will ihn Jsmenor verlocken, der Beherrscher des Gnomenreichs, doch mit der eigennützigen Absicht, ihn auf dieser Bahn zu verderben. Für die Liebe sucht ihn Almovar, der König der Genien, zu gewinnen, doch nicht bevor er seine Treue durch mannigfache Prüfungen bewährt gefunden hat. Ein innerer Conslict, ähnlich dem in Gluck's „Armida", nur daß die Entscheidung nach der entgegengesetzten Seite fällt. Die dramatische Gestaltung des Stoffes ist unsicher und erweckt für die handelnden Personen wenig Interesse. Daß bei der Wahl des Stoffes die Rücksicht auf die oben genannte Hoffestlichkeit mitbestimmend gewesen ist, sieht man leicht. Außerdem aber hat Spontini offenbar der damals in Deutschland herrschenden Vorliebe für Opern Märchen- und sagenhaften Inhalts, in denen das Geisterwesen eine Hauptrolle spielt, ein Zugeständniß machen wollen. Die Erfolge des Weber'schen „Freischütz" ließen ihn nicht schlafen. Mit größerer Anstrengung und in weiterem Umfange noch, als in „Nurmahal" sucht er im „Alcidor" ein Gebiet zu erobern, das seiner Individualität unzugänglich war. Was den deutschen romantischen Opern aus dieser Zeit zu ihrem Erfolge verhalf, war der Umstand, daß die Componisten nicht, wie in den älteren Wiener Zauberopern, in dem Uebernatürlichen der Märchen- und Sagenstoffe ein inhaltsleeres, nur unterhaltendes Spiel der Phantasie sahen, sondern dasselbe ernsthaft auffaßten. Dies konnte nur den Germanen gelingen mit ihrem tiefen Gefühl für die geheimnißvollen Kräfte der Natur, als deren Verkörperung ihnen die Geisterwelt erscheint. Der Romane konnte immer nur in ein äußerliches Verhältniß zu solchen Stoffen treten. So ist es auch bei Spontini's „Alcidor". Daß er trotzdem vermocht hat, vielfach einen angemessenen und zuweilen gar einen schönen und ergreifenden Ausdruck für das Leben der Geisterwelt zu finden, kann nur von Neuem für sein dramatisches Talent zeugen. Vielleicht hätte die Oper auch ein etwas glücklicheres Schicksal gehabt, wäre nicht wenige Jahre hernach Weber's „Oberon" erschienen, mit welchem der deutsche Meister alle Eon- currenten auf dem Gebiete der orientalischen Zauberoper für immer niederwarf. Die äußerliche Art, mit welcher Spontini seinen Stoff erfaßt hat, zeigt sich schon in der von ihm geforderten Aufwendung der denkbar prächtigsten decorativen Mittel. Wenn aber einmal auf der Bühne diese unerhörte, das Auge berauschende Pracht, diese goldnen Paläste und Gärten, dieser Luftpalast mit goldglühenden Bildern, mit Säulen von verdichteter Luft und lebendigem Feuer, diese blendenden Aufzüge und Tänze gezeigt werden sollten, so mußte auch die Musik den entsprechenden materiellen Glanz entwickeln, und die Oppositionspartei hatte insofern Unrecht, über die musikalischen Masfenwirkungen Zeter zu schreien. Die Verwendung von gestimmten Ambossen im „Alcidor" hat lange Zeit als bezeichnendes Beispiel dafür gegolten, bis zu welchem Grade betäubenden Lärms es Spontini in seinen späteren Opern getrieben habe. Wohl die Wenigsten, welche hierüber schrieben und sprachen, haben die Oper mit eignen Ohren gehört oder deren Partitur gesehen. In dieser, die sich jetzt auf der königlichen Bibliothek zu Berlin befindet, sind nur drei, nicht zehn, verschieden gestimmte Ambosse ausgezeichnet. Ihre Wirkung muß mehr eine glockenähnliche und kann in keinem Falle sehr