Spontini in Berlin.
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können. Aber keine Note des Werks ist jemals an die Oeffentlichkeit gekommen. Es mag hinzugefügt werden, daß Spontini dem Könige am 4. Juni 1838 auch über den Plan zu einer Zauberoper mit Tanz berichtet hatte, zu welcher er sich den Text in Paris verschaffen wollte, und im December 1840 bereit war, eine neue komische Oper zu beginnen. Sein Wunsch, auf dramatischem Gebiete mit frischen Leistungen hervorzutreten, war offenbar, auch beklagte er sich oft, daß die Theaterverwaltung ihm nicht Opernbücher in genügender Anzahl zur Auswahl vorlegte. Aber seine mit den Jahren immer stärker werdende Pedanterie beim Componiren und der Zustand unablässiger Gereiztheit, in welchen ihn die feindseligen Kritiker versetzten, machten ihn schasfensunsähig.
Was Spontini an anderen Kompositionen während seiner Berliner Zeit geschaffen hat, ist unerheblich. Ein Festgesang zur Feier der Krönung des Kaisers Nicolaus von Rußland mit Worten von Raupach wurde am 18. December 1826
i und 6. Mai 1827 ausgeführt; zu jeder der fünf Strophen sollte nach der Absicht des Dichters ein lebendes Bild gestellt werden, was aber bei der Aufführung unterblieb. Eine Cantate „Gott segne den König," gedichtet von Her- klots, hatte großen Erfolg auf dem Musikfest zu Halle im September 1829, welches Spontini zu so allgemeiner Befriedigung leitete, daß man eine goldene Medaille auf ihn prägen ließ und die Universität ihn zum Ehrendoctor machte. Ein „Domino, sulvum tue rsMnO für zwölf Stimmen mit instrumentaler Begleitung wurde am 15. October 1840 zur Huldigung Friedrich Wilhelm's IV. aufgeführt. Außerdem veröffentlichte er eine Anzahl französischer, deutscher und italienischer Gesangstücke mit Pianofortebegleitung, von denen ein Kriegsgesang für drei Männerstimmen, „Die Cimbern" betitelt, das hervorragendste ist. Unter den italienischen Gesängen findet sich die Canzonette „kUnks 86 Iwts;" es ist interessant, sie mit der reizenden Composition seines Rivalen Weber zu vergleichen; unter den deutschen fällt Goethe's „Kennst du das Land, wo die Citronen blühn" besonders auf.
, Im Verhältniß zu seiner bevorzugten Stellung hat Spontini die musikali-
> schen Dinge in Berlin nur wenig gefördert. Das königliche Orchester lehrte er mit Feuer und Ausdruck spielen; die Sänger hielt er an, sich in ihre Rollen
> dramatisch zu vertiefen, und er scheute keine Mühe, die vielen und verschiedenartigen Elemente, die bei der Oper in Betracht kommen, zu einem großen Ganzen zusammenzuschweißen und in einer bisher nicht gekannten Weise in den Dienst einer einzigen Idee zu zwingen. Sein Standpunkt war ein hoher und seine Ziele von edler künstlerischer Art. Er bemühte sich auch, die am Theater bestehende Gesangschule zu verbessern und richtete eine Orchesterschule ein. Aber in der Regel zielten seine Anstrengungen nur auf die Opern, die er selbst diri- girte, d. h. auf seine eigenen, auf Gluck's „Armida" und Mozart's „Don Juan", welche letztere er als „l'immortol ellot ä'muvro" bezeichnet^ Die Aufführungen dieser Werke brachte er durch sein Genie, seinen Einfluß auf die Künstler und seine fast unbeschränkte Macht über sie zu einer Vollendung, die damals ohne Gleichen war. Die Werke dagegen, welche der Leitung der anderen Dirigenten überlassen blieben, gingen schlecht, theils weil Spontini die Sänger erschöpfte,
' theils weil er sich für das Repertoire im Ganzen wenig interessirte. Es fehlte