Issue 
(1891) 66
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Deutsche Rundschau.

ihm auch an Talent für Organisirung und Geschäftsführung. So lange das ausgezeichnete Material vorhielt, welches Brühl ihm 1820 übergab, trat dieser Mangel nicht zu Tage. Aber als die Sänger anfingen, sich abzunutzen und für Ersatz gesorgt werden mußte, zeigte es sich, daß Spontini nicht nur des Urtheils und Scharfblicks, sondern auch der Unparteilichkeit ermangelte, die für eine solche Aufgabe nöthig sind. Bis zum Herbst 1827 hatte er persönlich nur ein einziges Engagement zu Wege gebracht, und dies betraf einen Solisten, der sich hernach nur als Chorsänger brauchbar erwies. Dagegen hatte er den tüchtigen Bassisten Sieber Vertrieben, der sich seine Gage nicht um hundert Thaler verkürzen lassen wollte, ihn bald darauf aber für zweihundert Thaler als Gast auftreten lassen müssen, damit nur Spontini's Opern gegeben werden konnten. Die Gabe, den Geschmack des Publicums herauszufühlen, es durch Entgegenkommen zu heben und zu bilden, die Gabe, für die Theatercasse zu sorgen, ohne der Würde der Kunst etwas zu vergeben dies lag außerhalb des Bereichs seiner Fähigkeiten. Der Besuch der Königlichen Oper nahm in besorgnißerregender Weise ab, namentlich seit im Jahre 1823 das Königstädtische Theater eröffnet worden war. Spontini scheint seine Unfähigkeit zu Zeiten selbst gefühlt zu haben, unglücklicherweise aber ließ er sich durch seine Eitelkeit und Herrschsucht, und durch Einflüsterungen sogenannter Freunde zu dem Glauben verführen, daß Brühl den Niedergang der Oper ver­schulde, wogegen dieser wieder geltend machen konnte, daß alle seine Vorschläge dem eigenwilligen und unbegründeten Widerspruche des Generalmusikdirectors begegneten. Durch die unablässigen Reibereien endlich mürbe gemacht, legte Brühl 1828 sein Amt nieder; ihm folgte der jugendliche Graf Redern. Dieser erlangte vom Könige eine neue Dienstinstruction. Dennoch fand sich auch jetzt fortwährend Veranlassung zu Zwistigkeiten, und Spontini's zunehmende Reiz­barkeit und Wankelmüthigkeit machten dem Grafen Redern viel zu schaffen. Zu Zeiten erkannten selbst die Bewunderer seiner Musik, daß Spontini's persönlicher Einfluß ein schädlicher sei, und daß die Oper, so lange er an der Spitze bleibe, unmöglich gedeihen könne.

Spontini hatte das Recht auf die Einnahmen der ersten Vorstellungen seiner eigenen Werke. Dies wurde als sein jährliches Benefiz angesehen, doch konnte ihm statt dessen auch eine Entschädigung von 1050 Thalern gezahlt werden. In diesem Falle durfte er außerdem mit den Kräften der Königlichen Oper ein Concert geben, und in der That hat er deren eine beträchtliche Anzahl veran­staltet, vocalen und instrumentalen Inhalts.Die Concerte, welche ich gebe" so hatte er sich einmal selbst geäußertsind-dem Andenken großer Meister geweiht, denen ich durch die möglichst vollendete und glänzende Ausführung ihrer Werke meine Ehrfurcht zu beweisen und deren Gedächtniß ich beim Publicum lebendig zu erhalten wünsche" H. Die Programme bestanden vorzugsweise aus Compositionen deutscher Meister: Händel's, Haydn's, Mozart's, Beethoven's. Es war in Spontini's Concert vom 12. Mai 1824, daß Beethoven's D-äur- Sinsonie zum ersten Male vor dem Publicum Berlins erschien. Am 30. April 1828 führte er von Beethoven die O-moil-Sinfonie, Kyrie und Gloria aus der

0 Gubitz, Erlebnisse. Bd. III. S. 242.