Spontini in Berlin.
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v-6ur-Messe und die Coriolan-Ouverture auf; außerdem das Credo der II-molI- Ntesse von Bach. Diese Messe war gerade damals von Nägeli in Zürich zuerst herausgegeben worden, und Spontini ist der Erste gewesen, der die Berliner mit einem Stück derselben durch eine öffentliche Aufführung bekannt machte. Die Aufführung selbst scheint allerdings mangelhaft gewesen zu sein, wie bei der gänzlichen Verschiedenheit Bach'scher und Spontini'scher Art auch kaum anders erwartet werden konnte, aber der gute Wille verdient doch Anerkennung*). Ein anderes Verdienst erwarb er sich durch die Unterstützung der Jnstrumental- Concerte Möser's. Die Königliche Capelle durfte ohne seine Erlaubniß nicht Mitwirken; wenn er gewollt hätte, wäre es ihm leicht gewesen, hier Schwierigkeiten zu bereiten. Freilich einen großen Werth legte er solchen Bestrebungen nicht bei. Er hat es nie verstanden, daß damals Chorgesang und Instrumentalmusik die beiden vornehmlichsten Grundlagen deutscher Tonkunst waren. Ihm galt nur die Oper, und namentlich seine eigenen; hierfür setzte er seine ganze Kraft ein, in ehrenwerthem Streben, aber eben so sehr zum Nachtheil als zum Nutzen der Sache.
Es wurde schon gesagt, daß Spontini's spätere Opern außerhalb Berlins keinen Erfolg hatten. Ausgenommen ein paar verlorene Aufführungen der „Olympia" in Dresden und Darmstadt, kamen sie nirgends zu Gehör. Gelegentlich leitete er auswärts eines seiner Werke, so die „Vestalin" am 7. und 11. October 1827 in München, am 18. September 1834 in Hamburg. Aber es scheint nicht, daß er durch solche persönliche Berührungen größere Sympathien für sich erregt hat. Im Allgemeinen muß man sagen, daß nur die „Vestalin" und „Cortez" in Deutschland die verdiente Würdigung erfahren haben.
In Berlin selbst wuchs die Zahl seiner Gegner mit jedem Jahre. In die Reihe seiner Freunde war 1824 Marx getreten, welcher in der von ihm herausgegebenen Musikzeitung Spontini's Talent mit Liebe und Verständniß würdigte; ihm gesellte sich Dorn. Aber dieser verließ Berlin im März 1828, und Marx, obschon Spontini aufrichtig ergeben, glaubte doch die Zeitung auch Kritiken der Gegner nicht ganz verschließen zu dürfen. Spontini war von krankhafter Empfindlichkeit gegenüber der öffentlichen Meinung und brachte dadurch seine Verteidiger oft in ernstliche Verlegenheit. Entgegen dem Rathe verständiger Freunde antwortete er persönlich auf anonyme Angriffe, gestattete den Schmeichlern, ihre ungeschickten Federn für ihn in Bewegung zu setzen, und ries sogar die Censur zu Hülfe. Solche Schritte konnten seiner Sache nur schaden. An der Spitze der Opposition befand sich Rellstab, Berichterstatter der „Vossischen Zeitung", ein gewandter Schriftsteller und nicht ohne musikalische Kenntnisse. Ein eifriger Anhänger C. M. von Weber's, verfolgte er alles Fremdländische mit Erbitterung und stand damals in der vollen Frische kampflustigen Jugendmuthes. Seiner schon erwähnten maßlosen Kritik über „Agnes von Hohenstaufen" wurde allerdings durch Dorn erfolgreich widersprochen. Allein Rellstab, weit entfernt zu schweigen, veröffentlichte nun ein Buch von 149 Seiten in Klein-Octav: „lieber mein Verhältniß als Kritiker zu Herrn Spontini als Componisten und General-
9 Marx, Berliner Allgemeine Musikalische Zeitung. 1828, S. 146 und 152.