Spontini in Berlin.
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Thomas, wegen dieser Pasquille zur Untersuchung gezogen, berief sich auf einen „sehr hohen Staatsbeamten" als seinen Gewährsmann. In der That war an allen jenen Anschuldigungen etwas Wahres. Spontini hatte sich zwar der Ausführung der genannten Opern nicht geradezu widersetzt, aber er hatte sie auch nicht veranlaßt, vielmehr offen ausgesprochen, daß ihm dieselben widerwärtig seien. Es war zwar in allerletzter Zeit leine neue Dienstinstruction für ihn erlassen, Wohl aber im Jahre 1831, durch welche die Stellung des Intendanten wesentlich gekrästigt wurde, und formell war der Generalmusikdirector dem Intendanten immer bis zu einem gewissen Grade untergeordnet gewesen. Spontini hatte selbst zwar niemals Handel mit seinen Freibillets getrieben, Wohl aber war dies hinter seinem Rücken von seinem Diener geschehen, und in Folge dessen war — eine harte und verletzende Maßregel — die Zahl der ihm zu gewährenden Freibillets sehr eingeschränkt worden u. s. w. Da man aber zu vermeiden wünschen mußte, daß der König von diesem Zeitungsscandal erführe, so ließ sich Gras Redern zu einigen begütigenden Erklärungen herbei, die das Unrichtige jener Anschuldigungen dementirten, und das Wahre derselben mit Schweigen übergingen. Thomas wurde veranlaßt, Spontini wegen unbegründeter Beschuldigungen öffentlich um Verzeihung zu bitten, und so schien die Angelegenheit erledigt zu sein. Aber einen Nutzen hatte Spontini hiervon nicht; wo die Gehässigkeit schon zu solcher Höhe gediehen war, stand auch noch Schlimmeres zu erwarten.
Am 7. Juni 1840 starb König Friedrich Wilhelm III. Mit ihm verlor Spontini den letzten sicheren Rückhalt. Wenn auch der König nicht umhin gekonnt hatte, ihm wegen der unablässigen Zänkereien mit dem Intendanten einige Male sein Mißfallen auszudrücken, so war er doch seiner Musik und seiner Person unerschütterlich wohlgeneigt geblieben. Friedrich Wilhelm IV. ließ Spontini's Stellung ganz unangerührt; aber seine künstlerischen Neigungen gingen nach einer anderen Richtung, und bei der Ausführung der großen, idealen Kunstpläne, mit denen er sich trug, war Spontini keine Rolle zugedacht. Dies blieb im Publicum nicht verborgen. Hätte Spontini es jetzt über sich vermocht, sich ruhig zu Verhalten, so wäre eine Aenderung des bisherigen Zustandes Wohl so bald nicht eingetreten. Aber er fuhr fort, den Querulanten zu spielen und reichte dem Könige eine Beschwerdeschrist über die Theaterverwaltung und über den Grafen Redern ein. Der König ließ sich über die Beschwerdepunkte vom Intendanten Bericht erstatten und zeigte sich von den gegebenen Aufklärungen durchaus befriedigt, war aber doch, um Spontini jeden Verdacht einer parteiischen Behandlung seiner Angelegenheiten zu benehmen, gnädig genug, noch eine besondere Commission zur Prüfung der Beschwerden Spontini's einzusetzen. Mittlerweile aber hatte sich bereits die Presse der Sache bemächtigt. In der „Zeitung für die elegante Welt" Nr. 253 und 254 vom 28.—29. December 1840 erschien ein Artikel, der triumphirend verkündigte, jetzt sei es endlich entschieden, wer an der Königlichen Oper zu Berlin zu befehlen und wer zu gehorchen habe. Spontini habe dem Könige eine Denkschrift über die Mängel der Theaterverwaltung eingereicht, Vorschläge zur Verbesserung der Oper gemacht und bei dieser Gelegenheit die Person des Intendanten wenig geschont. Die Denkschrift sei aber direct aus dem Cabinet an den Grafen Redern gelangt, mit einem Schreiben, daß Se.