Issue 
(1891) 66
Page
382
Turn right 90°Turn left 90°
  
  
  
  
  
 
Download single image

382

Deutsche Rundschau.

Majestät nur von dem Grafen, als von dem ersten und alleinigen Vorstande der Anstalt Vorschläge annehmen könne, übrigens auch keine andere Autorität dort gelte, als die seine.Ein solcher Ausgang," hieß es weiter,ist niederschlagend für Herrn Spontini, und wir müssen nun erwarten, ob derselbe seine oft an­gedrohte Entlassung fordern, oder den Umständen sich fügen werde." Wieder einmal er mag es später bitter bereut haben ließ sich Spontiui durch schlechte Rathgeber zu einer Entgegnung verleiten. Er erklärte unter dem 20. Januar 1841 in Nr. 29 derLeipziger Allgemeinen Zeitung", daß eine Ord­nung der Dienstverhältnisse zwischen ihm und dem Intendanten, wie sie in obigem Artikel angegeben, unmöglich sei,denn es würde dadurch die Unterschrift und das geheiligte Wort zweier preußischer Könige compromittirt werden." Sollte es aber doch geschehen, so werde er, bevor er seine Entlassung gebe, das Urtheil der competenten Gerichtshöfe anrusen. In Folge dieser Erklärung, welche von Spontini in französischer Sprache aufgesetzt, von einem seiner Freunde nicht ganz sinngemäß übertragen worden war, beantragte Graf Redern am 30. Januar, Spontini wegen Majestätsbeleidigung zur Verantwortung zu ziehen. Dem An­träge wurde Folge geleistet. In einer Cabinetsordre vom 5. Februar gab auch der König dem Spontini sein höchstes Mißfallen über sein Verfahren zu erkennen, und schloß das Schreiben mit den Worten:Ich kann nur annehmen, daß eine leidenschaftliche Aufwallung Sie dazu veranlaßt hat, eine Tactlosigkeit zu be­weisen, deren Rüge ich gern überhoben geblieben wäre und vor deren Folgen ich Sie nicht schützen kann."

Im Publicum aber hatte jene Erklärung Spontini's, in welcher ein Aus­länder, der Jahrzehnte lang eine beispiellose Begünstigung am Hofe erfahren hatte, das preußische Königshaus zu beschimpfen schien, den Haß zur Wuth ge­steigert. Für den 5. Februar warIphigenie" von Gluck angesetzt, und Spon­tini wollte diese Oper dirigiren. Der Polizeipräsident von Puttkamer, in der gegründeten Voraussicht, daß es Störungen geben würde, bat den Intendanten, zu verhindern, daß Spontini am Dirigentenpulte erscheine. Es geschah so, und Während der beiden folgenden Monate hielt sich dieser von jedem öffentlichen Auftreten fern. Dann scheint er gemeint zu haben, die Aufregung gegen ihn habe sich gelegt; vielleicht wollte er auch dem Gerücht begegnen, als sei er wäh­rend des gegen ihn schwebenden Processes vom Amte suspendirt. Er beschloß, am 2. April denDon Juan" zu dirigiren. Warnungen, die noch am Nach­mittage des Tages, selbst noch unmittelbar bevor er ins Orchester trat, an ihn ergingen, blieben fruchtlos. Sowie er sich im Orchester zeigte, erscholl ein don­nerndes Pochen, gellendes Pfeifen und ein wüthendes Geschrei:Hinaus! hinaus!" Er wich der Demonstration nicht, sondern ließ die Ouvertüre beginnen, deren Klänge in dem furchtbaren Getöse des Publicums unhörbar wurden. Nach der Ouvertüre wollte er auch die Oper beginnen lassen. Jetzt stieg die Erbitterung aufs Höchste; einige Individuen wollten sich über die Orchesterbrüstung schwingen, um dem Verhaßten thätlich zu Leibe zu gehen. Die Polizei stand im Begriff zu thun, was unerläßlich war, und ihn aus dem Orchester führen zu lassen. Da aber fühlte Spontini seine Widerstandskraft schon selbst gebrochen: leichen­blaß verließ er seinen Platz und verschwand durch eine kleine Thür, die aus dem