Spontini in Berlin. Z87
Brief, der verstümmelt und nur halb in die Zeitung gesetzt wurde, war nur dazu geschrieben, daß ihn der König ganz und allein lese, und jene Veröffentlichung lag nicht in meiner Absicht.
Eine Bemerkung mache ich noch. — Warum hat man noch nicht den Uebersetzer dieser mißlichen Anzeige Spontini's ermittelt, der doch, wenn eine Verschuldung hier stattfindet, mit dafür verantwortlich ist. Spontini's Großmuth, ihn nicht nennen zu wollen, spricht ihn von der Verpflichtung nicht los, sein Zeugniß für Spontini's Unbefangenheit dabei, vor Gericht geltend zu machen, oder war es Spontini's ausdrücklicher Wille, diese gewagte Schreibart beizubehalten, so kann es ihm keinen Nachtheil bringen. War er aber selbst ahnungslos, welche böse Auslegung man dieser Uebersetzung geben könne, so ist er seiner eigenen Ehre schuldig, dies als Rechtfertigung für Spontini vor Gericht auszufagen; man fordere ihn doch in öffentlichen Blättern hierzu auf, schweigt er, dann möchte wohl böser Muthwille und listige Absicht dieser Uebersetzung zum Grunde liegen, und Spontini, dem man mit ungeschliffenem Messer die Ehre abschneidet, der einzige Unschuldige dabei sein, und die neunmonatliche Festungsstrafe, die man ihm mit so großer Genauigkeit zugewogen, könnte mit Fug auf den Uebersetzer übertragen werden.
Ihre ergebenste
19. Oktober i). Bettina von Arnim."
Spontini War ein Charakter, in dem große und gute Eigenschaften mit üblen und kleinlichen fast zu gleichen Theilen gemischt waren. Seine Freunde wie seine Gegner konnten sich zur Begründung ihrer Ansichten auf Thatsachen berufen. Auf beiden Seiten schloß man die Augen vor den entgegengesetzten Eigenschaften. Nachdem die Katastrophe von 1841 die Schmeichler Spontini's zum Schweigen gebracht hatte, ist das Urtheil der Gegner über ihn, in Deutschland wenigstens, das maßgebende geworden. Es sei daher hier mit Nachdruck ausgesprochen, daß dieses Urtheil znm Theil ein ganz ungerechtes ist. Der Vorwurf, Spontini habe die deutsche Musik verachtet und unterdrückt, ist einfach eine Unwahrheit. Unfern großen Meistern von Händel bis Beethoven war er mit Bewunderung und Liebe zugethan. Er hat dies sein ganzes Leben hindurch be- thätigt, und nicht nur durch Kunstthaten. Aus den zuverlässigsten Quellen berichtet C. Robert, daß Spontini für die Wittwe Mozart's und dessen Kinder die größten Opfer gebracht habe; daß er, als Nissen seine Mozart-Biographie herausgeben wollte, persönlich unermüdlich dafür Subscribenten gesammelt, die Subscriptionsbeiträge für die Wittwe eingezogen, die Uebersetzung der Biographie ins Französische besorgt, und überhaupt die Wittwe auf jede Weise unterstützt habe. Eine gewisse Vorliebe für die eigenen Werke muß man bei einem Künstler von selbständiger Productionsbegabung als berechtigt anerkennen, und es ist thöricht, von einem solchen Künstler überall unparteiische Beurtheilung anderer Werke zu verlangen. Weber's Musik war Spontini unverständlich und anti- pathisch, und daß dem so war, hat ihm in Berlin vielleicht am meisten geschadet. Aber die verspäteten Aufführungen der „Euryanthe" und des „Oberon" hat er doch mehr durch seine Unthätigkeit dafür, als durch activen Widerstand dagegen verschuldet. Für Spohr hatte er große Hochachtung und hat dieselbe häufig durch die That bewiesen. Es ist ganz ungegründet, daß er der Ausführung der „Jessonda" die „allergrößten Hindernisse" in den Weg gelegt habe, wie S. Hensel (Die Familie Mendelssohn. Bd. 1, S. 144) behauptet. Die Acten des Königlichen Theaters erweisen das Gegentheil. Für Meherbeer interessirte er
Beide Briefe verdanke ich der gefälligen Mitwirkung des Herrn Walter Robert - tornow.
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