Aas HlniversMsstudium der Neueren Kunstgeschichte.
Von
Herrnan Grimm
I.
Museumsbeamte und Universitätsdocenten der Neueren
Kunstgeschichte.
Vor etwa sechzig Jahren wurde das Alte Museum am Lustgarten dem Berliner Publicum übergeben. Im oberen Geschosse hingen, in übersichtlicher Anordnung, die Gemälde, im unteren waren die Antiken aufgestellt. (Alles anders als heute.) Der Bestand setzte sich zusammen aus vorhandenen Werken, die in verschiedenen Ankäufen erworben wurden, sowie aus dem, was die königlichen Schlösser liehen.
Unter Friedrich Wilhelm IV. wurde dann das Neue Museum an das Alte angehangen, zunächst für Abgüsse, Kupferstiche, ägyptische Alterthümer und allerlei Sonstiges bestimmt. Kaiser Wilhelm führte daneben die Nationalgalerie aus. Motivirt wurde der Bau damit, daß für Cornelius' Cartons ein würdiges Unterkommen zu finden sei. Der Kaiser vereinigte Verständniß der Kunstwerke mit dem Gefühl, was er ihren Schöpfern öffentlich schuldig sei. Er wußte sich immer im Einklänge mit den Forderungen des höheren historischen Urtheils.
Friedrich Wilhelm III. hatte ursprünglich beim Museum Umfassenderes im Sinne gehabt. Er wußte, daß Hauptwerke der großen Meister nicht für Berlin zu erkaufen seien: einmal, weil sie fest lagen, und zweitens, weil man kein Geld gehabt hätte. Sein Sinn stand auf Beschaffung guter Copien. Man lese „Schinkel's Nachlaß" darüber. Dieser Gedanke ist zum Schaden des Berliner Publicums nicht zur Ausführung gelangt. Denn immer wird einer der Gründe, warum das Pariser Publicum uns an Urteilsfähigkeit voraus ist, der sein, daß in Paris gute Copien der großen Meister offen dastehen, so daß man genöthigt wird, von diesen Werken Notiz zu nehmen, und daß den wechselnden Neigungen der reichen Leute gegenüber, die unter allen Umständen „Neues" verlangen, ein Bestand dessen sichtbar bleibt, das, durch die Ehrfurcht der Jahrhunderte geadelt, der Kritik Derer entrückt bleibt, welche die neuesten Schöpfungen frischer Be-