Heft 
(1891) 66
Seite
413
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Das Universitätsstudium der Neueren Kunstgeschichte. 413

Sie müssen den Docenten der Universität unterstellt bleiben, welche das Wichtige vom Ueberslüssigen zu unterscheiden wissen. Sobald das bloß Interessante Berück­sichtigung findet, wird das Werk ersten Ranges, das neben dem zweiten Ranges steht, beeinträchtigt.

Die Kataloge haben die Werke ausreichend zu erklären. Sie müssen gut verfaßte Beschreibungen jedes Stückes enthalten und ihm den welthistorischen Platz anweisen. Sie sollen auch dem genügen, der sich mit ihnen allein unterrichten soll. Denn unsere Zeit verlangt die Möglichkeit, auch ohne persönliche Unterweisung Anderer das zu Wissende erlangen zu dürfen. Die heutige Aufgabe ist, das Volk im höchsten Sinne dem Staate nutzbar zu machen. Ein wachsender Unabhängigkeitssinn stellt den Einzelnen in Gegensatz zu denen, die ihm an inneren und äußeren Gütern überlegen sind. Dem Bedürfnisse, ganz in der Stille die gleiche Höhe zu erreichen, sind alle Möglichkeiten zu bieten. Es muß aus Staatsmitteln Vorsorge getroffen werden, daß Niemand in Deutsch­land ohne Lehre bleibe, der lernen will.

Diesen Sammlungen wird vielleicht die Inschrift zu geben sein:Museum für vaterländische Kunstgeschichte".

Unsere Pflicht ist, nicht bloß die geschriebenen Noinnnsnta üistoriea Osrnmnias dem Volke nahe zu bringen. Das Museum, zu dessen Herstellung es ungemein geringer Mittel bedürfen würde, wäre eine von den Stätten, wo zu denen, die in Worte kein Vertrauen mehr setzen wollen, die Steine redeten. Die Steine, und neben ihnen die leichten Pinsel- und Federzüge, die die Hand unserer großen Maler zog.

Wenn es auch Werke romanischer Kunst enthält, so haben wir Deutsche uns die Kenntniß fremder Phantasiearbeit in solchem Grade zu eigen gemacht, daß Dante, Raphael und Michelangelo innerhalb der Entwicklung der Deutschen Kunst eine Stelle einnehmen, als ob sie die unseren seien.