Heft 
(1891) 66
Seite
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Deutsche Rundschau.

Act der wirksamen Absicht, eine bekannte Art von Bewegung hervorzubringen, auf die Nerven einwirkt, welche in der Lage sind, das active Organ derselben in Action zu setzen; 2. daß hier auch die Wirkung eines Reizes aus einen Nerven sich in die Erregung des anderen übersetzen kann.

Wir kennen also nun zwei Arten von Bewegungen deutlich verschieden nach ihrer offenbar willkürlichen oder unwillkürlichen Entstehung, und wir kennen einigermaßen die Wege, auf denen sich bei beiden die Wirkung der Ursache bis zur Bewirkung des Effectes hin fortpflanzt, zum Theil bei beiden Arten durch dieselben oder doch durch gleichartige Organe. Die Ursache der Bewegung ist in einem Falle als reiner Act des Willens, als rein geistiger Act dadurch deutlich erkennbar, daß wir uns klar bewußt sind, sie Hervorrufen oder hindern zu können. Denn die Erscheinung im Bewußtsein ist das einzig sichere Erkennungszeichen der geistigen Vorgänge als solche. Im anderen Falle ist die Ursache ein rein äußer­licher Vorgang, die Wirkung eines Reizes auf einen Nerven, der die Bewegung zur Folge hat, ohne daß wir es zu wollen oder auch nur zu wissen brauchen und ohne daß wir es hindern könnten, wenn wir wollten. Wir können im einzelnen Falle die Wege der Nerven verfolgen, auf denen die Wirkung der be­wegenden Ursache dem direct wirksamen bewegenden Organe zugeleitet wird. Es ergibt sich dabei immer, daß sie bei der rein willkürlichen Bewegung von einem Centralorgane der Nerven, und zwar von dem größten derselben, dem Gehirne, ansgehen; daß sie dagegen bei dem Reflexe durch ein solches Organ durchgegangen sind. Hier ist sowohl der Ort der directen Einwirkung des Willens auf einen Nerven, als auch der der Uebertragung einer Wirkung von Nerv zu Nerv zu suchen. Welcher Art aber beide Einwirkungen sind, wie viel ihrer Art nach einander unähnlich, ähnlich, ungleichartig oder gar im Grunde identisch, bleibt dunkel.

Dafür, daß die Vereinigung zweier so verschiedener Vorgänge in einerlei Organen, wie die der Einwirkung des Willens auf eine Bewegung und die un­willkürliche Hervorrusung einer solchen durch die Einwirkung eines Reizes in den Centralorganen der Nerven, doch keine rein zufällige sein wird, sondern auf eine innere Verwandtschaft beider Vorgänge deutet und eine Wechselwirkung ihrer Organe ermöglicht, dafür sprechen die mancherlei Arten von Bewegungen, deren Ursache sich weder rein auf die bewußte Willkür noch auf die Wirkung eines Reizes zurückführen läßt. Der mehr oder weniger bald von geistigen Impulsen ausgehende, bald von äußeren Reizen bedingte Verlauf dieser Bewegungen, der denn auch bald ein mehr uns bewußter ist, bald ein ohne unser Zuthun und Wissen erfolgender, stellt eine ununterbrochene Reihe von Uebergangsformen zwischen jenen beiden einfach charakterisierten Arten von Bedingtheit einer Be­wegung dar, so daß alle Definitionen von verschiedenen Zwischenformen derselben, Wie automatischen, sympathischen Bewegungen u. dgl. ziemlich schwankend sind. Und wie durch Gewöhnung unmerklich die eine in die andere Art des Verlaufes sich umsetzen, die willkürliche Bewegung sich mit der Zeit fast wie eine rein un­willkürliche vollziehen kann, so können wir bei Aufmerken auf die bald mehr, bald weniger gewollten oder ungewollten Vorgänge im Bewegungsapparate auch wieder das Gebiet dessen, was mit Bewußtsein geschieht, durch unseren Willen ins Spiel gesetzt oder gehindert Werden kann, vergrößern auf Kosten dessen, Was