Mttoria Colonna.
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Wenige ihre Schicksale kennen. Sie sind zum ersten Male (nach 1565) von einem ihrer Zeitgenossen, Filonico Alicarnasseo (unter diesem Pseudonym verbarg sich, nach Volpicella's Ermittelungen, ein Neapolitaner von epirotischer Herkunft, Costantino Castriota), dann 1760 von Rota, sehr ungenügend, erzählt worden. Eine im Allgemeinen befriedigende Biographie lieferte zuerst Pietro Ercole Visconti in der der Ausgabe der „Hims" von 1840 Vorgesetzten „Vita", welche allen späteren Darstellungen zu Grunde liegt. Nichts Neues brachten die zum Theil nur dilettantischen Arbeiten von Bertha Arndts (1858), Saltini (1860), Deumier (1856), Wackerhagen (1861), Thom. Roscoe (1868), Th. A. Trollope. Erst der Marchese Giuseppe Campori hat in den „I^ttsro artistieüs ineäits" (Modena, 1878) die Visconti'sche Darstellung durch die Einbeziehung der religiösen Bewegung ergänzt, woraus Alfred von Reumont, der bereits in seinen „Römischen Briefen von einem Florentiner" (1844) und in seinen „Beiträgen zur Italienischen Geschichte" (1853) das Leben Vittoria's kurz behandelt hatte, ihr jene Monographie widmete, welche auch heute noch das Vollständigste und Beste ist, was wir über die Dichterin besitzen H. Es war eine der letzten Arbeiten dieses Mannes, der zwei volle Menschenalter hindurch der vornehmste Vermittler zwischen italienischer und deutscher Literatur gewesen ist, von dem Wir Alle unendlich viel gelernt haben und der eine Lücke hinterließ, welche unter den Lebenden Niemand auszufüllen im Stande ist"). Reumont's „Vittoria Colonna" ist ins Italienische übersetzt und mit brauchbaren Noten versehen worden; wie denn auch die Ueber- setzer Reumont's ihre gleich zu erwähnende Ausgabe des Briefwechsels mit werthvollen biographischen Ausführungen bereichert haben. Seither hat die Literatur über das Leben der Dichterin eine nennenswerthe Ergänzung nicht erfahren; denn Alethea Lawley's „8tucF" kann als eine solche ebensowenig bezeichnet werden, wie die kleine Gelegenheitsschrift More's^).
Vittoria's literarischer Ruhm ruht selbstverständlich vor Allem, ja gänzlich auf ihren Gedichten. Sie hat dieselben ihren Freunden, z. B. Michelangelo selbst mitgetheilt und ihre Verbreitung gestattet: so geschah es, daß noch zu ihren Lebzeiten vier Sammlungen der Sonette erschienen (die erste zu Parma 1538),
0 Alfred von Reumont, Vittoria Colonna. Leben, Gedichte, Glauben im sechzehnten Jahrhundert. Freiburg i. Br., Herder'sche Verlagshandlung. 1881.
2) Ich kann bei dieser Veranlassung den Wunsch nicht unterdrücken, es möge unserm verehrten Freunde, Herrn Geh. Justizrath Prof. vr. Hü ff er in Bonn gelingen, aus dem ihm anvertrauten Nachlasse Reumont's noch die eine oder andere Gabe, vor Allem den Essay über Dante, für die Veröffentlichung herzurichten.
3) Vittoria Colonna, ^ 8kuäzr vikü kran8lakion8 ok Zorns ot üsr xubliZüsä null nnxublislrsä 8onnst8. Lzr küs Ilion. XIsklisa I-avts^. 2. sä. rsviZsä. Uonäon 1889. Diese neueste englische Biographie Vittoria's hat den Muth, Reumont's Buch gänzlich zu ignoriren und es unter den benutzten Quellen nicht aufzuführen; während Jedem in die Augen fallen muß, daß schon der Eingang die beiden ersten Seiten Reumont's wiedergibt. Auch der römische Advocat Luigi More hat, wie schon Zannoni in Bonghi's „6nikura" (IX, 269) tadelnd vermerkt, Reumont und seine italienischen Herausgeber reichlich benutzt, ohne ihn zu nennen (Viktoria Oolonna, NareüsZaira äi UsZeara, Uorna 1890, 32 S.)— Unbekannt sind mir geblieben die Biographien von A. Luzio (in UiviZka 8kor. Nankovaira, I, 1885) und Jsabella Albrizzi in Venedig, welche Sauer (Geschichte der italienischen Literatur, Leipzig 1883, S. 287) als „vorzüglich" bezeichnet.