Heft 
(1891) 66
Seite
437
Einzelbild herunterladen

Vittoria Colonna. 437

Außer den Sonetten hat uns Vittoria eine Anzahl Briefe hinterlassen, oder vielmehr, aus der großen Menge ihrer Correspondenzen ist ein kleiner Theil ge­rettet worden. Einige derselben wurden schon zu ihren Lebzeiten veröffentlicht, andere finden sich zerstreut in den verschiedensten Sammlungen des 17. und 18. Jahrhunderts ; in unserer Zeit machten sich Campori, Giuliari, Piceioni durch Herausgabe neuer Briefe verdient. Eine kleine, aber sehr unvollständige Samm­lung derselben war den Ausgaben derUium" von Visconti und Saltini bei­gegeben. Das auch von Reumont hervorgehobene Bedürsniß einer Gesammtaus- gabe blieb bestehen, bis uns im vorigen Jahre die Uebersetzer von Reumont's Vittoria Colonna" mit einer solchen beschenkten *). So weit ich die Arbeit der Herren Ferrero und Müller beurtheilen kann, macht sie den Eindruck großer Gediegenheit. Zum ersten Male werden genaue Nachweise über die vorhandenen Briefe und ihre früheren Ausgaben gegeben und in den angehängten Noten und Beilagen ein reiches Material bibliographischer und literargeschichtlicher Natur beigebracht. Es kommen in dem Bande im Ganzen 185 Briefe zum Abdruck, von denen aber fast ein Drittel nicht von Vittoria herrühren, sondern an sie gerichtet sind. Die meisten derselben waren bereits bekannt. Die seit Reumont's Publication erst veröffentlichten Briese werfen namentlich einiges neue Licht auf ihre Beziehungen zum päpstlichen Hose, auf die Natur ihrer religiösen Gesinnungen und Bestrebungen, auf ihren Antheil an dem kirchlichen Reformgedanken. Die jetzt bekannt gewordenen Proceßacten des Kardinals Morone illustriren ihr Ver- hältniß zu dem Cardinal .von England und die diesem wie dem Andenken Vittoria's selbst gewidmete Verfolgung. Bis auf wenige Schreiben ist dagegen verloren der Briefwechsel mit ihrem Gemahl, der mit dem Marchese del Vasto, der Herzogin von Amalfi und der von Urbino, der Herzogin von Francavilla; nur zwei Briefe blieben von Ascanio Colonna, keiner von den übrigen Mitgliedern der Familien Colonna und d'Avalos. Weiter fehlen alle mit Ariosto, Molza, Sadoleto, Galeazzo di Tarsia und andern bedeutenden Männern in Vittoria's Jugend gewechselte Briefe, wie auch die Giberti's aus der Zeit Clemens' VII.; nur wenige sind aus den Jahren übrig geblieben, welche Giberti nach seinem Rücktritt aus der Politik in Verona verlebt hat. Aeußerst gering sind die Reste epistolarifchen Verkehrs mit Pole, Friuli, Contarini, Bernardino Ochino. Unter den erhaltenen sind die zwischen 152324 und später an Giberti, dann die an Kaiser Karl V., an Clemens VII., an Baldassare Castiglione, an Pietro Bembo, die Herzogin von Urbino, an Friedrich Gonzaga II. von Mantua, an Paul III., an del Vasto, Pietro Aretino, Ercole II., d'Este von Ferrara, an den Cardinal Ercole Gonzaga, an Giov. Guidiccione, Pier Paolo Vergerio, den Bruder Ascanio Colonna, Contarini, Reginald Pole, vor Allem die an Michelangelo gerichteten die wichtigsten. Sie sind zumeist einfachUa Nareüesa cli Uesenr^ unterschrieben. Wie heutzutage noch die meisten Damenbriefe, ermangeln auch diejenigen Vittoria's größtentheils des Datums ; sie sind offenbar in aller Hast hingeworfen, daher flüchtig und zuweilen geradezu nachlässig. Es ist sicher etwas zu grob, wenn Foscolo in einem Briefe an Lord Holland von 1824 sagt,

^ OarteWio 41 Vittoria Lolonna, mareirosa 4i koseara. Raeeolto 6 xubdiieato äa Lriuanno Verroro o Kiu86xp6 Vlüllor. Vorivo 1889.