Heft 
(1891) 66
Seite
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Deutsche Rundschau.

tiner Concil bestätigt und in dessen Satzungen ausgenommen, wie sie denn die katholische Kirche sreilich ohne jede Bedeutung für das weltliche Recht bis auf den heutigen Tag als in Kraft stehend erachtet. Noch die Encyklika Pius IX. vom 8. December 1861 erklärt die Preßfreiheit für einen verderblichen Jrrthum und Wahnsinn (äeliramentum) unserer Tage.

Alle jene Maßregeln hatten nun freilich das Durchdringen und den Sieg der reformatorischen Bewegung nicht zu hindern vermocht. Ja, der Sieg der Reformation über das Papstthum hätte voraussichtlich jenen Anordnungen selbst die Geltung und Wirksamkeit in Deutschland entzogen, wenn nicht das Ueber­greifen der religiösen Bewegung aus das politische Gebiet die weltliche Ge­walt im Reiche zu einer Nachahmung des päpstlichen Beispiels getrieben hätte.

Die Reformation war zu einer Machtfrage zwischen dem Kaiser und den protestantischen Ständen geworden. Solange die kaiserliche Gewalt sich den letzteren nicht gewachsen fühlte, auch deren Unterstützung zu ihren sonstigen politischen Unternehmungen bedurfte, war ihr Bestreben auf Beilegung der Religionsstreitigkeiten durch ein allgemeines Concil gerichtet. Mittlerweile suchte sie den Status quo möglichst aufrecht zu erhalten, insbesondere der Agitation zu Gunsten des neuen Glaubens und der damit verbundenen gegenseitigen Ver­bitterung Einhalt zu thun. Das Hauptmittel dieser Agitation war aber neben dem gesprochenen das gedruckte Wort.

Ganz Deutschland war in den zwanziger Jahren des 16. Jahrhunderts über­schwemmt mit aufregenden und aufreizenden Druckschriften über Glaubenssachen, wobei es an Schmähungen und Verhöhnungen der Gegenpartei und ihrer Ver­treter natürlicherweise nicht fehlte. Die Reformationszeit ist die Blüthezeit der Schmähschriften und Pasquille in Deutschland.

Dem sollte nun zunächst gesteuert werden und als das sicherste Mittel hierzu bot sich die von den Päpsten eingeführte Censur.

Die erste Bestimmung dieser Art für das ganze Reich findet sich im Ab­schied des Reichstags zu Speyer von 1529, nachdem bereits im Jahre zuvor König Ferdinand für seine österreichischen Erblandewegen der verbottenen sektischen Bücher" das strenge Verbot erlassen hatte, irgend ein Werk ohne Be­willigung der Obrigkeit in Druck zu legen. Nach dem Reichsabschied von 1529 sollen nun alle Reichsstände gehalten sein,mittler Zeit des eoneilii" dafür zu sorgen, daß in ihren Druckereien weiter nichts Neues (des Glaubens halber) gedrucktund sonderlich keine Schmähschriften weder öffentlich noch heim­lich gedicht, gedruckt und verkauft werden; sondern was derhalben weiter gedicht, gedruckt oder feil gehalten wird, das soll zuvor von jeder Obrigkeit dazu verordneten verständigen Personen besichtiget, und so darin Mängel befunden, soll dasselbig zu drucken oder feil zu haben bey großer Straf nicht zugelassen, sondern also strenglich verboten werden."

Die gleiche Vorschrift, wiederum mit der Beschränkungmittler Zeit des künftigen Ooneilii", enthält dir Augsburger Reichsabschied von 1530; daß die­selbe im Interesse der alten Kirche erlassen und durchgesührt wurde, zeigt eine Notiz im Rathsprotokoll der Reichsstadt Nördlingen vom 15. Mai 1542, wo­selbst dem Censurgebot:Trucker soll hinfüro Nichts drucken dann mit Wissen