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Deutsche Rundschau.
Dieses badische Preßgesetz von 1831 hat freilich, wie sich zeigen wird, nur kurze Zeit in Geltung gestanden; allein trotzdem kommt ihm in der Geschichte des deutschen Preßrechts eine wichtige Rolle zu. Es ist das erste deutsche Preßgesetz in modernem Stile, welches der gesammten späteren Gesetzgebung über die Presse in Deutschland bis auf das heute geltende Reichsgesetz von 1874 direct oder in- direct als Grundlage gedient hat. Seine eigene Grundlage aber ist das französische Recht, und so bildet das badische Gesetz die Brücke, über welche die französischen Rechtsgedanken definitiv ihren Einzug in das deutsche Preßrecht gehalten haben. Insbesondere sind auf diesem Wege die eigentümlichen französischen Bestimmungen über die periodische Presse, d. h. über Zeitungen und Zeitschriften, zuerst auf deutschen Boden verpflanzt worden, auf dem sie sich großenteils bis zum heutigen Tage erhalten haben.
III.
In Frankreich hatte sich das Princip der Preßfreiheit, wie es in der Erklärung der Menschenrechte ausgestellt war, nicht unversehrt zu erhalten vermocht. War dasselbe auch durch die Verfassungen von 1791 , 1793 und 1795 gewährleistet worden, so hatte doch schon die letztere Verfassung für Zeiten des Nothstands auch Prohibitivgesetze gegen die Presse gestattet, von welcher Be- fugniß in den folgenden Jahren mehrfach Gebrauch gemacht wurde. Unter der Schreckensherrschaft wurde die Preßfreiheit durch mannichsache Bedrückungen fast illusorisch gemacht. Ihren völligen Untergang aber fand sie unter Napoleon I. Durch das kaiserliche Decret vom 5. Februar 1810 wird Buchdruck und Buchhandel in völlige Abhängigkeit von der Regierung gebracht. Jeder Druck muß vorher dem Präfecten angezeigt werden; dieser hat darüber an den äirsetsur gsusral äs l'iminmusris zu berichten, ohne dessen Genehmigung kein Druck geschehen oder in den Handel gebracht werden darf. In jedem Departement darf, abgesehen von wissenschaftlichen Zeitschriften, nur eine Zeitung erscheinen, und diese steht unter Leitung des Präfecten. Die öffentliche Meinung in Frankreich War damit mundtodt gemacht.
Unter der Restauration schwankte die französische Gesetzgebung zwischen den beiden Gegensätzen: Censur und Preßfreiheit haltlos hin und her. Nachdem man zunächst die napoleonische Censur provisorisch beibehalten hatte, wurde dieselbe durch die drei Gesetze von 1819 aufgehoben, dann nach der Ermordung des Herzogs von Berry im Jahre 1820 wieder eingeführt, nach der Thronbesteigung Karl's X. 1824 aber wiederum ausgehoben, um im Jahre 1827 nochmals wieder eingeführt zu werden. Endlich war unter dem liberalen Ministerium Martignac das Gesetz vom 18. Juli 1828 „sur Iss jouruaux st serits pärioäiguss" erlassen Worden, durch welches die Preßfreiheit, insbesondere auch für die periodische Presse, als bleibendes Princip des französischen Rechts fanctionirt werden sollte.
Freilich blieb die Wirksamkeit auch dieses Gesetzes keine ungestörte. Allein das eben hiergegen unternommene Attentat der Krone, die berüchtigten Preß- ordonnanzen Karl's X. vom 25. Juli 1830, führten bekanntlich zur Julirevolution, welche der älteren Linie des französischen Königshauses den Thron kostete. Die neue Charte vom 14. August 1830 sanctionirte dann von Neuem die Preßfreiheit