lieber Censur und Preßfreiheit.
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IV.
Das Jahr 1848 hatte in der That wie für den Kampf zwischen der absoluten und constitutionellen Staatsform überhaupt, fo auch für den, nun durchaus damit zusammenhängenden Kampf zwischen Censur und Preßfreiheit die Entscheidung gebracht. Wie letztere bisher zu den ersten Forderungen, so gehörte sie jetzt zu den ersten Gewährungen, welche die erschreckten Regierungen ihren Unterthanen machten. Der Bundestag selbst hatte bereits am 3. März 1848 allen Bundesstaaten sreigestellt, die Censur in ihrem Gebiete aufzuheben und die Preßfreiheit einzuführen; nur sollte dann letztere mit Garantieen gegen den Mißbrauch der Presse umgeben werden. Solche Garantieen fand man gerade in dem badischen Gesetze von 1831, und eben unter diesem Gesichtspunkte gelangten nun fast überall auch dessen Bestimmungen über den verantwortlichen Redacteur periodischer Druckschriften zur Aufnahme.
Der weitere Verlaus der revolutionären Bewegung führte freilich theilweise wieder zu einer Beseitigung dieser Garantieen. Die von der Nationalversammlung zu Frankfurt a. M. verkündeten „deutschen Grundrechte" vom 21. December 1848 stellten — anklingend an die Menschenrechte von 1789 — den Satz auf:
„Jeder Deutsche hat das Recht, durch Wort, Schrift, Druck und bildliche Darstellung seine Meinung frei zu äußern. Die Preßfreiheit darf unter keinen Umstünden und in keiner Weise durch vorbeugende Maßregeln, namentlich Censur, Concessionen, Sicherheitsbestellungen, Staatsauflagen, Beschränkungen der Druckereien oder des Buchhandels, Postverbote oder andere Hemmungen des freien Verkehrs beschränkt, suspendirt oder aufgehoben werden."
Die fünfziger Jahre aber brachten auch hier noch einmal eine rückläufige Bewegung, welche in dem Bundesbeschluß vom 6. Juli 1854, betreffend Bestimmungen zur Verhinderung des Mißbrauchs der Preßfreiheit, ihren Höhepunkt fand. Zwar die Censur blieb seit jener Zeit dauernd aufgehoben in Deutschland; sie war in der Bevölkerung denn doch allzu verhaßt, als daß selbst die schlimmste Reaction an ihre Wiedereinführung hätte denken können. Dazu war ja eben erst ihre Unfähigkeit zur Hintanhaltung der Revolution deutlich zu Tage getreten. Vor Allem aber hatte sich — als bleibendes Ergebniß der Bewegungsjahre — doch selbst der Regierungskreise die Ueberzeugung bemächtigt, daß Deutschland sich in einem Neubildungsprocesse befinde, der zu seiner Lösung — wie man sich diese im Uebrigen auch denken mochte — einer gewissen activen Antheilnahme der Bevölkerung, damit aber auch einer gewissen Unabhängigkeit der öffentlichen Meinungsäußerung bedürfe.
Wohl aber suchte man in dieser Reactionszeit dem hergebracht oppositionellen Tone besonders der Tagespresse entgegenzutreten, indem man — unter der Firma von Garantieen gegen Preßmißbräuche — nach französisch- napoleonischem Muster allerhand chicanöse Beschränkungen und Bedrückungen derselben, wie das Erforderniß entziehbarer Concessionen, Unterdrückung von Zeitungen nach vorheriger Verwarnung, Auflage von Cautionen, Zeitungsstempel, Entziehung des Postdebits u. s. w. zur Einführung brachte. Und noch in einer andern Weise sollte der Oppositionspresie zu Leibe gegangen werden, nämlich durch Ausstellung neuer, überaus dehnbarer Verbrechensbegriffe. Nach Muster und auf Grund des Bundesbeschlusses vom 6. Juli 1854 wurde