Heft 
(1879) 26
Seite
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G. 15aur in Leipzig.

Reichstage zu Regeusburg das sogenannte Lorpns evauFsliooruur als die Behörde, welche die Rechte der evangelischen Reichsstände und Unterthanen zu bewahren hatte, und man ließ es auch an Beschwerden über die Rechts­verletzungen, welche der Erzbischof sich hatte zu Schulden kommen lassen, nicht fehlen. Ter aber meinte, die Bestimmungen des westphälischen Friedens litten hier gar keine Anwendung, weil die Verfolgten weder Lutheraner noch Reformirte, sondern nichts als gottlose Schwärmer und Rebellen seien. Und als evangelische Fürsten aus diese Anmaßung, mit welcher der römische Bischof zu entscheiden sich unterstand, was evangelisch sei und was nicht, fast allzu geduldig damit antworteten, daß sie von ihren Theologen den Glauben der Emigrirten Prüfen und seine evangelische Eorrectheit bestätigen ließen, da hieß es wieder, das Tesfregger Thal gehöre zum Theil zu Oesterreich und der Erzbischof werde sich nach dem Vorgänge des Kaisers richten. Und der Kaiser erließ in der That eine Verordnung, wonach einem jeden, der durch beglaubigte Zeugnisse bewiese, daß er der Augsburger Confession oder der Lehre der Resormirteu angehöre, die freie Auswanderung sammt seinen Kindern zu gestatten und nach Entrichtung der gesetzlichen Abzugsgebühren zur freien Verfügung über Hab und Gut auch die erforderliche Zeit zu gewähren sei; aber der Erzbischof und seine Beamten und Geistlichen fanden Mittel und Wege, die Wirkung dieser Verordnung für die bedrängten Salzburger zu vereiteln. Einen kürzeren Weg zum Ziele versuchte auch in diesem Falle der große Kurfürst. Schon am 12. Februar 1Ü85 richtete er an den Erzbischof ein energisches Schreiben. Er nahm sich darin der armen Emigrirten auf das wärmste an, gab dem Bischof zu bedenken, wie sein Verfahren schwerlich der römischen Kirche die Herzen gewinnen werde, wohl aber mit der Verfassung und den Fundamental­gesetzen des Reiches in entschiedenstem Widerspruch stehe und ganz geeignet sei, evangelische Reichsstände zu gleichen Maßregeln gegen ihre römisch-katholischen Unterthanen zu veranlassen. Auch das hals nichts. Die Vertriebenen, die eben erst als rebellische Schwarmgeister verleumdet worden waren, mußten nun wieder gute Lutheraner sein, und der Erzbischof hatte die Stirne, sich darüber verwundert zu stellen, daß ein reformirter Fürst ihrer sich anzunehmen wage, die doch in einigen Dingen den Katholiken näher ständen. Die Gefahr möglicher Repressalien aber, auf welche der Kurfürst hingedeutet hatte, fürchtete man nicht, weil man mit gutem Grunds sich darauf verlassen konnte, daß evangelische Obrigkeiten gegen ihre römisch-katholischen Unterthanen sich niemals erlauben würden, was römischerseits über die protestantischen Salz­burger verhängt worden war. Man wußte eben schon damals, was neuer­dings mit cynischer Offenheit ausgesprochen worden ist: Eure Schwäche ist, daß die evangelische Kirche ihrer Natur nach tolerant sein muß, und unsere Srärke, daß die römische nicht tolerant sein darf. So weit freilich ging auch der Erzbischof von Salzburg noch nicht, daß er die Verbindlichkeit deutscher Landes- und Reichsgesetze, insbesondere des westphälischen Friedensinstrumentes, darum geleugnet hätte, weil der Papst ihnen seine Bestätigung versagt habe.