Die Salzburger Emigranten.
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9cachdem Maximilian Gandolf 1687 gestorben war, hatten die evangelischen Salzburger unter seinen minder eifrigen Nachfolgern vierzig Jahre lang leidliche Ruhe. Aber 1727 kam Leopold Anton Eleutherius von Firmian zur Regierung. Er war ein gelehrter Herr, dem auch eine gewisse Gutmüthigkeit nachgerühmt wird. Aber er war ein Freund des Bechers und der Jagd, unterhielt auch standesgemäß eine Maitresse. Das alles kostete Geld, und man hat behauptet, daß das Verlangen nach den Strafgeldern und Abzugsgebühren seiner evangelisch gesinnten Unterthanen nicht ohne Antheil an seinem Verfolgungseiser gewesen sei. Seinen Hauptgrund aber hatte dieser offenbar darin, daß der Erzbischof, nicht obgleich, sondern eben weil ihm alles tiefere religiöse Verständniß und Interesse fehlte, durch Herstellung einer festen und gleichmäßigen äußerlichen kirchlichen Ordnung sich Ruhe verschaffen wollte und dieses Ziel auch mit äußeren Maßregeln leicht erreichen zu können meinte. So rief er denn bairische Jesuiten in's Land, welche Missionen in's Werk fetzten. Die Theilnahme der Unterthanen am Kirchenbesuch, an Processionen und Wallfahrten, an Rosenkranzbeten wurde strenge überwacht und wer in einem dieser Stücke sich lässig zeigte, als des evangelischen Glaubens verdächtig verfolgt. Das eigentliche Schibvleth der kirchlichen Eorrectheit bildete der 1728 von Papst Benedict XIII. anbefohlene Gruß: „Gelobt sei Jesus Christ!" mit dem Gegengruße: „In Ewigkeit,
Amen!" An sich wäre ja dieser Gruß durchaus unverfänglich gewesen, und noch heute mag er auch einen Protestanten ansprechen, wenn er ihn in katholischer Gegend vernimmt. Aber der Papst hatte zugleich verheißen, daß einem Jeden für jeden solchen Gruß 200 Tage und für ein auf dem Sterbebette gesprochenes „Gelobt sei Jesus Christ!" 2000 Jahre von den Qualen des Fegefeuers sollten abgezogen werden. Damit war jener Gruß mit einem römischen Aberglauben in eine Verbindung gebracht, welche einem aufrichtigen Protestanten seine Aneignung unmöglich machte. Die evangelischen Salzburger verweigerten ihn denn auch mit richtigem Bauerntrotz und wurden nun wieder als Rebellen verfolgt, ihrer Bücher beraubt, an Geld und Freiheit gestraft und in großer Zahl zur Flucht aus dem Lande genöthigt. Aber fortgesetztes Nachspüren ergab, daß ganze Gemeinden der verfolgten Lehre anhingen. Um das wuchernde Unkraut auszurotten, wurde jede Ver- säumniß der gottesdienstlichen Pflicht mit einer Geldstrafe belegt, die gesetzlich 5 Gulden 15 Kr. nicht übersteigen sollte, thatsächlich aber bis auf 100 Gulden gesteigert wurde, ja es ist überliefert, daß einer zu 100 Thalern Strafe verurtheilt worden ist, weil er in der Fastenzeit eine Wurstsuppe gegessen. Auf die von den Bedrängten wiederholt zu Regensburg erhobenen Klagen hatten sich die evangelischen Stände wiederholt mit dringender Beschwerde an den Erzbischof gewandt, als dieser sich endlich entschloß, eine Commission zur Untersuchung des Sachverhaltes niederzusetzen. Bor allem war zu ermitteln, wie viel Protestanten eigentlich in Salzburg seien. Sie wurden also aufgefordert, sich vor der Commission zu melden, offenbar in der Hoffnung, Nord und Süd. IX, 26. 14