Heft 
(1879) 26
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- Die ^ alzburger Emigranten. f 9^

14,000 Salzburger ihre Heimat. Im Ganzen betrug die Zahl der Emigranten mindestens über 22,000, wahrscheinlich gegen 30,000. Einige ließen sich in Holland, andere in Schweden, eine größere Zahl im Württembergischen nieder; in den Jahren 1733 und 34 fuhren neunundneunzig nach Amerika hinüber und gründeten an der Grenze von Südcarolina und Georgia die Colonie Ebenezer. Bei weitem die Meisten aber folgten der Einladung nach Preußen. Dorthin hat der königliche Eommissar Gobel vom 1. April 1732 bis zum 7. Mai 1733 in 32 Zügen 20,694 Salzburger dirigirt. Aber wenn sie nun auch ihre Heimat in der bestimmten Aussicht verlassen konnten, in der Ferne eine neue Heimat zu finden, so blieb doch der Abschied noch schwer genug. Sie wurden von Eltern, Geschwistern, Kindern getrennt, welche ihre Verbindung mit katholischen Familien in der Heimat nicht ausgeben wollten; auch wurden vielen Auswanderern ihre Kinder mit List oder Gewalt vor- euthalten. Sie wurden im eilenden Drange ihres Auszuges mannigfaltig geschädigt an Hab und Gut, und hatten neben den Plackereien der Beamten den Hohn ihrer andersglaubenden Landsleute zu erdulden. Und wer bedenkt, wie innig gerade das Herz des Gebirgsbewohners an seinem heimatlichen Boden hängt, der wird leicht ermessen, wie den treuen Salzburgern ihr Herz bluten mußte, als sie ihren lieben Bergen das letzte Lebewohl zuriefen. Und so rollt denn die Geschichte der Salzburger Emigration von ihrem Anfänge dis zu ihrem Ende ein ergreifendes Leidensbild aus der evan­gelischen Diaspora vor uns aus.

Aber auch als ein erhebendes Lebensbild stellt sie sich uns dar. Daß die Ausgewanderten in Ländern römischen Bekenntnisses nicht mit besonderer Freundlichkeit ausgenommen wurden, darf uns nicht Wunder nehmen, doch fehlte es auch da nicht an Solchen, die sich lieber den barmherzigen Samariter als den Priester und Leviten zum Vorbilde nahmen. Aber auch von evangelischer Seite wurde ihnen hie und da mit Mißtrauen begegnet. Es bewährte sich eben an diesen als bösartige Schwärmer und Rebellen verlästerten stillen und friedlichen Leuten das alte Wort, daß auch von der unbegründetsten Verleumdung an dein Verleumdeten immer etwas hängen bleibt. Aber als man nun sah, wie ihr Glaube durch die schwersten Opfer sich bezeugte, da mußte man doch vor allem anerkennen, daß dieser Glaube jedenfalls existiren müsse. Und bei näherer Prüfung überzeugte man sich, daß diese Emigranten, obwohl sie großenteils weder lesen noch schreiben konnten, doch in den wesentlichen Heilslehren des Evangeliums sehr wohl gegründet und in den Geschichten und Lehren der heiligen Schrift trefflich bewandert waren. Ganz besonders aber sprach zu ihren Gunsten ,die Art, wie ihr Glaube in ihrem Leben sich bethätigte. Ihr schlichtes, stilles und ordentliches Wesen, ihr anspruchsloses und sittsames Verhalten, ihre brüderliche Einigkeit und wechselseitig fürsorgende Treue und nicht zum wenigsten ihre lieblichen geistlichen Lieder das Alles gewann ihnen die Herzen. Und nicht lange, so glichen ihre Züge einem Triumphzuge. Wo sie durchzogen, fanden sie