G. Baur in Leipzig.
freundliche Aufnahme und Unterstützung und insbesondere zeigte sich Sachsen des Ruhmes würdig, das Mutterland des Protestantismus zu sein. In den Städten, in welchen sie eine längere Rast zu halten hatten, wurde ihnen ein festlicher Empfang bereitet. Zu ihrer Sammlung und Erbauung wurden tHeils außerordentliche Gottesdienste eingerichtet, theils die ordentlichen zu ihren besonderen Verhältnissen in Beziehung gesetzt. Und wie freuten sich die armen Emigranten, wenn sie nun zum erstenmal in großen und schönen, mit Thürmen und Glocken ausgestatteten Kirchen das reine Evangelium frei und öffentlich verkündigen, ihre alten lieben Lieder von einer zahlreich versammelten Gemeinde singen hörten, wenn sie draußen auf der Straße statt Spott und Verhöhnung die freundlichen Grüße evangelischer Brüder und Schwestern vernahmen, wenn sie dann als willkommene Gastfreunde in Häuser cintrateu, deren Bewohner nicht umsonst die apostolische Mahnung vernommen hatten: „Herberget gerne, und nehmet euch der Heiligen Nothdurft an!"
Als der erste Pilgerzug am 29. April 1732 in Potsdam ankam, stellte der König selbst mit Einigen eine Prüfung ihres Glaubens an, und da diese sehr befriedigend ausfiel, tröstete er sie durch den Zuspruch: „Ihr sollt es
gut haben, Kinder, ihr sollt es gut bei mir haben." Einem zweiten Zuge begegnete er am 25. Juni, zu Wagen von Berlin kommend, in der Nähe von Zehlendorf auf der Landstraße. Er ließ die Pilger an sich vorüberziehen, redete Einzelnen freundlich zu und bat sie dann, ihm das Lied von Weingärtner zu singen: „Ans meinen lieben Gott trau ich in Angst und Noth."
Aus die Antwort des Commissars aber, daß den Salzburgern die Melodie nicht bekannt sei, sang der König selbst das Lied mit lauter Stimme vor, in welches nun die Pilger in freudiger Rührung einstimmten und es im Vorüberziehen zu Ende sangen, worauf der König mit einein herzlichen: „Reiset mit Gott!" sich von ihnen verabschiedete. — Erzbischof Firmian hatte sich einst im Rausche verheißen, er wolle die Ketzer aus seinem Lande ausrotteu, und wenn gleich Dornen und Disteln aus den Aeckern wachsen sollten. Dieses Urtheil, welches er selbst über sein Land heranfbeschworen, schien setzt in Erfüllung zu gehen: während Salzburg vor der Emigration 250,000 Einwohner hatte, zählt es heute keine 200,000 mehr; der König von Preußen aber gewann in den Emigranten über 20,000 geschickte, arbeitsame und dankbar treue Unterthanen. Und noch großer war der geistliche Segen, welchen sie mitbrachten. Von der Gluth ihres Glaubens entzündet, stammte in manchem evangelischen Herzen das schon verglimmende Docht des Glaubens kräftig wieder auf. Man lernte die köstliche Perle wieder schätzen, für welche die Salzburger Alles hingegeben hatten, und den Werth eines gesicherten und wohlgeordneten kirchlichen Lebens, welches man nur darum nicht gehörig gewürdigt hatte, weil man cs als etwas überall Selbstverständliches ansah. Auch die Lieder der Salzburger weckten ein einstimmiges Echo, vor allen Schaidbergers Emigrantenlied, welches nur in seiner ursprünglichen naiven Volksmundart noch herziger und rührender lautet, als in hochdeutscher Form: