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Isidor Soyka in München.
Genesung oder den Tod erwarten. Wer Pestkranke gepflegt, solle sich 10 Tage lang jedes Verkehrs mit andern enthalten, den Priestern wurde befohlen, die Kranken zn besuchen und der Behörde zu melden. Alles Gut der Verstorbenen sollte der Kirche zufallen.
Ebenso bestand bereits im Jahre 1471 ans Mallorca eine vollständig eingerichtete, nach einem von Lncian Colomines entworfenen Reglement verwaltete Pestqnarantaine (Haeser). Sehen wir nun, wie es in Mitteleuropa, speciell in Deutschland, mit der Abwehr beschaffen war. Als ältestes Denkmal osficieller Fürsorge gegen die Pest liegt mir vor:
„Ain wunderbare instruction vnd vnterwysnng wider die pestilentz her- „sliessend von kayserlichem Hoff vnd allerbewärtesten doctoribus jn cristinlischer „vn haydescher nacion fanden worden mügen, Memmingen 1494."
Diese Verordnung beschäftigt sich nun größtentheils mit der — wie wir sageil wollen — individuellen Prophylaxe; für alle Verrichtungell des täglichen Lebens, Schlafen, Aufstehen, Waschen w., werden heilsame Rathschläge ertheilt, ja auch die geistige Sphäre wird in den Capiteln, die da handeln „von zorn und vorcht" „von trewren vnd trübsal" in das Bereich der ärztlichen Fürsorge gezogen. Wir erfahren sodann, daß die verschiedenen Winde, je nach ihrer Richtung verschiedene hygienische Bedeutung haben: „die vom Aufgang „der Sonne sind gut, die von Mitternacht sind noch besser — die allerbesten. „Die von Niedergang der Sonne sin bös und die von mittentag sind noch bößer „und die allerbösesten," vor diesen und allen Abendwinden soll man sich Hillen.
Allzugroße Wärme in der Wohnung während des Winters wird wider- rathen, dann solle man sich hüten besonders „vor böser Luft und pestilentzischer Materie", erste soll man reinigen durch Anzünden großer Feuer, durch Verbrennen wolriechenden Holzes.
Beim Ausgehen soll man svwol Mund als auch Hände mit wolriechenden Substanzen versehen.
Wir vermissen hier noch jene Maßregeln allgemeiner Natur, die doch schon in einer frühen: Periode in Anwendung gekommen waren. Auch das, ein halbes Jahrhundert später veröffentlichte „Regiment/ gesielt allain für die/) „so vnuermeydlich in Pestilentzischen lufften verharren vnd beleiben müssen. „Saltzbnrg 1553," zum großen Theil in seinen hygienischen Maßregeln mit dem Vorigen übereinstimmend, enthält noch wenig weitergehendere Verordnungen, doch wird schon auf die Schädlichkeit der Ausdünstungen voi: Düngerhaufen „niderschittung", Friedhöfen, Metzgereien, „Vischbüncken" hingewiesen, mau soll Winde meiden, die da „weyend von sterblichen Orten." Der Krankheitskeim wird hiebei gemeiniglich als „gifftiger Dampfs" gedacht, „so vmb die „prüft sich enthalt/ dem Hertzen ondas zueylt."
Dieselbe Grundanschauung von dem höchst nachtheiligen Einfluß der Verunreinigung des Bodens, der Lust, von der Begünstigung, die solche Verhältnisse der Entwickelung und raschen Ausbreitung des Krankheitskeims geben, finden sich dann in: