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Isidor 5oyka in München.
„ausgetragen und begraben werde." Die Gräber selbst waren mindestens Q Elle tiefer als gewöhnlich anzulegen, und bei „Lebensstraffe" keine Exhumirung vorzunehmen."
Zu den Curiositäten aus der strenge gehandhabten Marktpolizei, die besonders auch auf das Obst invigilirte, zählt das Verbot des Verkaufs von Schweinefleisch, ferner: „es sollen die Leuthe nicht selbst in ihren Häusern „den Teig eiusäuern" und andererseits „die Bäcker aber bei Leibesstrase das „Brot nicht warm aus den Backhäusern geben/ sintemal nichts mehr/ als „warmes Brot/ das Gifft an sich ziehet." Aus dieser Annahme basirte auch „die Gepflogenheit, den an der Pest Sterbenden „warm oder in warm „Wasser genetztes Brot aus den Mund zu legen/ damit der gifftige Athem „sich dareinziehe/ und durch seine Zertheilung das Haus nicht anstecke. Solch „Brot aber muß darnach alsobald tief in die Erde vergraben werden." Die Stelle des Brotes konnte hier auch warmes, „nicht dampfendes" Wasser vertreten.
Damit wir aus unsere so viel gepriesenen Maßregeln der Desinfeetion nicht allzu stolz werden, und sie etwa als eine Errungenschaft der neuesten Zeit ansehen, sei hier citirt: „In die heimlichen Gemächer/ sonderlich/ wenn
„ein Krancker darauf gegangen/ soll öffters lebendiger oder ungelöschter Kalck „geworfen und Essig gegossen werden/ wie dann auch zu den Leichen in die „Särge dergleichen Kalck gethan werden kan/ damit sie desto eher verwesen/ „auch gifftige Ausdampffungen verhütet werden."
Bei den obligaten Räucherungen spielt, wie wir auch schon früher gefunden haben, neben den aromatischen Stoffen, der Schwefel eine große Rolle. Auch eine Art Fälle für das Pestgift wird „recommaudiret, daß „nämlich Gefäße mit laulichem Wasser oder Milch gesetzet werden, da denn war- „ genommen/ daß sich der Gifft als ein dünnbläulicht Häutgen oben aufgelegt „habe/ solche Gefäße seien alle zwölff Stunden an einem abgelegenen Orthe „auszuschütten und mit Wasser anzufüllcn" /das 18. Jahrhundert huldigte auch noch dieser Ansicht und suchte durch eine Zuthat von Zwiebeln oder ungelöschtem Kalk den Erfolg noch zu steigern). Die individuelle Prophylaxe stimmt mit der des vorigen Jahrhunderts überein, empfohlen wird unter anderen lieber Wasser von Quell- und Rohrbrunnen zu trinken, als von Bächen und Wasserflüssen, die von verdächtigen Orten herfließen; da oft die Seuche nach Flußläufen sich ausbreite. Das lieb ermaß im Genuß von Spirituosis wird bescheidentlich „ein zweifelhafstiges und verbotenes Praeservativmittel" genannt.
Lassen wir nun noch einige Vertreter des 18. Jahrhunderts sich aussprechen. Wir können wol eine Steigerung der Leistungen kaum erwarten, und auch die neueste Zeit konnte nicht viel thun, um die hier angeführten Maßregeln zu überbieten. Als Fortschritt, wenigstens in Bezug aus die Therapie können wir jedenfalls das Geständniß betrachten, das uns in der „kurzen Anleitung zur Austilgung des betrüblichen Pest-Uebels, an die Hand gegeben von einem Pestsorger in Wien 1713" verschämt entgegen tritt: Was