Heft 
(1879) 26
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Ueber den gegenwärtigen Stand der j)estfrage. ^ 23^

ich nur den Typhus (Abdominaltyphus), die Cholera, das gelbe Fieber, dann auch das Wechselfieber. ^

Solche Bedingungen nun, die zur Entwicklung und Ausbreitung eines ektogenen Jnfectionsträgers führen können, nennen wir auch da sie eben von Ort und Zeit abhängen die örtliche und zeitliche Disposition; diese giebt entweder zur autochtbonen Entwicklung des Jnfectionskeimes Ver­anlassung, wie dies beim Wechselfieber der Fall ist, oder sie ermöglicht es, daß der eingeschleppte Krankheitskeim sich vervielfältigt und zur epidemischen Ausbreitung der Krankheit Veranlassung giebt, wie bei Cholera, Abdominal- Typhus rc. Fehlen aber diese Bedingungen, dann kann der eingeschleppte Keim keinen festen Fuß fassen,, keine Ausbreitung gewinnen. Diese Darstellung hat den Vortheil, jene unglückselige Verquickung ganz widersprechender Begriffe, wie sie in dem Ausdruck miasmatisch-contagiös zu Tage tritt, zu ver­meiden, wo man einer Krankheit willkürlich bald den Charakter einer contagiöseu, bald den einer miasmatischen zuschreiben wollte. Wenn wir zusehen, wie mau sich hiebei die Thatsachen zurechtlegt, so werden wir finden, daß die Krankheit immer erst contagiös genannt wird, wenn sich die örtliche und zeitliche Disposition einstellt, so lange dies nicht der Fall ist, wird, trotzdem auch vielfach Ein­schleppungen des Krankheitskeimes Vorkommen, die Krankheit fürnicht contagiös",noch nicht contagiös" odernicht mehr contagiös" erklärt, wie es eben am besten paßt.

Es soll hiemit nicht in Abrede gestellt werden, daß es auch Jnsections- keime gebe, welche sich sowohl auf entogenem als aus ektogenem Wege vermehren, aber es darf nicht angenommen werden, daß ihre Vermehrung nach Belieben bald so, bald so erfolge; sondern, daß sie stets an die gleichen Bedingungen geknüpft ist. Wenn wir mm sehen, daß eine epidemisch sich verbreitende Krankheit zu gewissen Zeiten oder an gewissen Orten trotz Einschleppung und trotz ungehinderten Verkehrs sich nicht ausbreitet, so müssen wir schließen, daß ihre epidemische Verbreitung wesentlich nur aus ektogenem Wege erfolge.

Untersuchen wir nun an der Hand der Geschichte der einzelnen Pesl- epidemien, wie sich dieselben in Bezug auf das ento- oder ektogene Entstehen des Jnfectionskeimes Verhalten; es ist die Entscheidung hierüber, mit Rücksicht aus die Frage nach der Verhütung der epidemischen Ausbreitung, von eminenter Wichtigkeit.

Schon aus den im ersten Theil angeführten Vorbauungsmaßregeln kann man ersehen, wie sich die Anschauung über die Art der Ausbreitung dieser Seuche entwickelt hat. Nur zu bald wurde es Aerzten wie Laien klar, daß cs zum Ausbruch einer Pest-Epidemie der Einschleppung eines Krankheits­falles oder wenigstens des Krankheitsstoffes durch Maaren und anderweitige Provenienzen aus befallenen Gegenden bedürfe. Diese Erfahrungen wurden in besonders auffallender Weise in See- und Hafenstädten gemacht, wo der Verkehr nach einer Seite hin wenigstens leichter zu controliren, speciell der