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Isidor 5oyka in München.
Nachweis einer Verbindung mit einem überseeischen verdächtigen oder offenkundig inficirten Hasen 'leichter herzustellen war, und von dort aus datiren auch wol die ersten, auf Absperrung gerichteten prophylaktischen Maßregeln; waren ja auch die Hafenstädte fast stets die zuerst und ^vielfach ^auch am heftigsten heimgesuchten. Mit der so sicher gestellten 'Thatsache der Einschleppung des Krankheitskeimes mußte aber mach damaligen Anschauungen der contagiöse, also entogene Charakter des Pestkeimes angenommen werden. Zwar drängten sich auch zu jjener Zeit ^ schon Thatsachen auf, die den nüchternen, unbefangenen Beobachter in andere Bahnen leiteten, und so bemerken schon die beiden Geschichtsschreiber der Justinianischen Pesff >(531—580), Procopius und Evagrius, übereinstimmend, daß die Pest dieser Zeitperiode Momente zeige, die sich mit der Theorie der directen Uebertragung vom Menschen aus nicht vereinbaren lassen, so z. B., daß die Pest überall, wo sie austrat, an ein bestimmtes Zeitgesetz gebunden war (wo wir wol jetzt sagen würden, an eine zeitliche Disposition), daß häufig in befallenen Gegenden einzelne Orte anfangs verschont blieben, bis dann später auch sie heimgesucht wurden; daß Aerzte, Wärter nicht mehr, ja vielleicht seltener ergriffen wurden als die übrigen Einwohner, während viele, die sich absonderten, der Krankheit erlagen. Auch Saladino Ferri hat schon im 15.Jahrhundert den Vertretern des contagionistischen Standpunktes unter anderen die mit deren Doctrin unvereinbaren Fragen vorgelegt: Warum verbreitet sich die Pest nicht in bestimmter
räumlicher Ordnung, sondern sprungweise; weßhalb liebt sie besonders feuchte, niedrige, sumpfige Gegenden? Allein diese Thatsachen, diese Einwände wurden theils vergessen, theils ignorirt, man hätte ja sonst die Krankheit für eine miasmatische ansehen müssen, und damit ließ sich die unleugbare Constatirung der Einschleppung nimmermehr Vereinen; bei einer miasmatischen Verbreitungsweise hätte ja die Krankheit spontan, autochthon entstehen müssen. So wurden denn die Aerzte und Laien immer mehr in das Fahrwasser der reinen Contagionisten geleitet, und fast alle Maßnahmen, von den wir lesen, sind aus diesem Bewußtsein hervorgegangen. Es wurden aber auch fast die gesammten Beobachtungen, die uns vorliegen, in diesem Sinne beeinflußt, so daß sie nur mehr als Stütze für diese Lehre heranwuchsen.
Erst wieder in neuerer Zeit, besonders als in Folge der Expeditionen der ersten französischen Republik nach Aegypten die Pestfrage von Seite der französischen Aerzte studirt zu werden begann, erhoben sich immer mehr Stimmen, die den rein contagiösen Charakter des Pestkeimes bestritten.
Fassen wir nun die Thatsachen zusammen, die dafür sprechen, daß der Pestkeim ein ektogener ist. Sie gruppiren sich nach zwei Richtungen, einmal einer negativen, insofern sie die Unmöglichkeit oder das Unberechtigte der contagionistischen Anschauung documentiren, sodann einer positiven, indem sie auf den Einfluß der außerhalb des Menschen gelegenen Bedingungen mit unabweislicher Consequenz Hinweisen.
Was nur Thatsachen der ersten Reihe anbelangt so wäre vielleicht vor