Heft 
(1879) 26
Seite
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Heber dengegenwärtigenStand der j)e st frage.

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nach der geographischen Lage, da die Pest gegen Süden, gegen die Tropen zu den 24 Breitegrad nie überschritten hat. Auch wird schon eine Ver­änderung der Culmination der Seuche mit der geographischen Lage in Zusammenhang gebracht, wo also direct die Entwicklung des Krankheitskeimes bis zu seiner höchsten Entsaltung beeinflußt würde.

Während wir aber bisher mehr von jenen Bedingungen gesprochen haben, die den Ausbruch der Epidemie, die Entwicklung des Krankheitskeimes ver­hindern, seien noch jene Einflüsse, soweit sie aus der Literatur ersichtlich, angeführt, die eine Entwicklung begünstigen; wie wichtig eine genaue und vollständige Kenntnis; derselben wäre, giebt die einfache Erwägung an die Hand, daß uns diese Erkenntniß auch wol die Mittel angeben könnte, sie zu vermeiden, zu bekämpfen oder zu paralysiren. Daß es solche, an der Loyalität haftende Bedingungen giebt, ersieht Pruner aus der 1843 in Unterägypten herrschenden Pestepidemie, wo die Bildung, Beschränkung und außerordent­liche Verheerung in einzelnen bestimmten Lo calitäten bemerkenswert!) erschien, das geht ferner aus den vielen kleinen Epidemien hervor, die sich an einzelne Häuser knüpften, am evidentesten aber vielleicht daraus, daß gewisse Lokalitäten bei neuerlichem Ausbruch immer wieder und in heftiger Weise ergriffen werden. In der 1713 in Wien beobachteten Epidemie wird von Ferro und van Swieten das auffallende Factum constatirt, daß die­selben Häuser wie im Jahre 1664 resp. 1677 befallen wurden und zwar früher und heftiger als die anderen.

Im Speciellen nun giebt uns die Literatur als solche die Ausbreitung der Epidemie begünstigende Momente gewisse Eigenthümlichkeiten des Bodens an. Eine bestimmte Durchfeuchtung des Bodens, wie sie auch manchmal nach Ueberschwemmungen sich einstellt, scheint von großer Bedeutung zu sein, dafür sprechen die Erfahrungen in Aegypten, das haben schon die Pestschriststeller des Alterthums und Mittelalters hervorgehoben. Es tritt dies auch in der Thatsache zu Tage, daß in der Wüste, wo also vollständige Trockenheit des Bodens herrscht, es zu keiner Pestepidemie komme, während zur selben Zeit in den Oasen dieselben verheerend auftreten können, und ist dies förmlich experimentell durch in verschiedene Gegenden dislocirte Truppen und nach­träglichen Vergleich der Sterblichkeitsverhältnisse nachgewiesen worden.

Für diesen positiven Einfluß niedriger, feuchter Lage, der von so vielen Schriftstellern behauptet wird, sprechen wol auch die Beobachtungen, welche von den Verfechtern der autochthonen Entstehung der Pest (ohne Ein­schleppung) als Argumente in's Feld geführt werden, daß nämlich den Pest­ausbrüchen heftige und bösartige Malariakrankheiten vorangegangen wären; dies deutet auf eine bestimmte feuchte, sumpfige Beschaffenheit des Bodens, die zur örtlichen Disposition beitrug, und wo dann auch der Krankheitskeim zuerst die günstigste Stätte fand. Wol dürften dann einzelne der erwähnten Krankheitsfälle schon wirklich Vorläufer der Epidemien gewesen sein, in dem Sinne, wie es S.234 ausgeführt wurde.