- lieber den gegenwärtigen 2tand der jdestfrage.- 259
Im Allgemeinen können ja die Mittel zur Bekämpfung der Pest, auch nach dem hier ausgeführten Standpunkte, in drei Richtungen sich geltend machen. Diese Aufgaben wären 1) Verhütung der Einschleppung, 2) Verhütung der Ausbreitung, 3) Individuelle Prophylaxe. Wir werden natürlich allen drei Punkten die nöthige Aufmerksamkeit zuwenden, es handelt sich nur darum: von wo aus können wir am erfolgreichsten eingreifen? Die Verhütung der Einschleppung ist oft kaum zu erzielen. Wenn wir zugeben müssen, daß auch gesunde Personen, ferner Waaren, überhaupt alle Provenienzen aus Pestgegenden den Krankheitskeim verschleppen können, so hilft wol nur gänzliche Absperrung und Aufhebung eines jeden Verkehrs, was schon ans kleinen Gebieten kaum vollständig dnrchzuführen und, wo es sich um die Absperrung eines ganzen Landes handelt, ganz hoffnungslos ist, und wo auch die Desinfection nicht so sorgfältig gehand- habt werden kann, daß von ihr ein sicherer Erfolg zu erwarten wäre. Der dritte Punkt, der Schutz des Einzelnen, die individuelle Prophylaxis, läßt auch noch manches zu wünschen übrig Die Mittel hiezu könnten einmal darauf gerichtet sein, die Menschen bei drohender Pestgefahr an Orte zu bringen, die erfahrungsgemäß immun sind. Es wäre dies aber doch nur ein Schutz für relativ Wenige. Ein anderes Bestreben, durch Einverleibung von Medicamenten die individuelle Disposition zur Pest aufzuheben, ist noch nicht vom gewünschten Erfolge gekrönt, die Theorie der parasitären Jnfection giebt wol breits die Gesichtspunkte, von denen aus dies vielleicht zu ermöglichen ist. Es bleibt uns noch der zweite Punkt, Verhütung der Ausbreitung. Von diesen: können wir noch am sichersten Erfolge erwarten, besonders wenn ein genaues, unbefangenes Studium der Ausbreitung der Pest, vorzunehmen von Seite einer permanenten, internationalen Seucheneommifsion, uns jene äußern Momente angegeben haben wird, die die örtliche und zeitliche Disposition zur epidemischen Ausbreitung der Pest ausmachen. Denn das sind Factoren, die wir am ehesten noch beeinflussen können. Es ist dies nicht etwa ein zu idealer Standpunkt. Sehen wir ja, daß bei einer Anzahl von analogen Erkrankungen der Einfluß gewisser Maßregeln, die sich kurz mit dein Ausdruck Assanirung einer Stadt, eines Bodens bezeichnen lassen, bereits deutlich hervortritt. Ja, nach Parkes, dem berühmten englischen Hygieniker, soll sich dieser Einfluß auch bereits der Pest gegenüber in Aegypten, besonders in Cairo geltend gemacht haben. Freilich ist diese Art der Prophylaxe nicht eine acl lioe anzuwendende, nicht erst bei herannahender Gefahr, sondern methodisch und consequent müssen alle hier inbegriffenen hygienischen Maßnahmen ergriffen werden, die in neuerer Zeit so oft erörtert wurden, daß wir von einer Anführung derselben Umgang nehmen können. Es gilt hiebei der Spruch: 81 vis paosiu, para bellum; dafür aber haben wir in ihnen die Gewähr, daß sie nicht blos ein Schutzmittel gegen eine eventuelle Pest sind, wie dies auch schon Hirsch, einer der Delegirten, ausgesprochen, sondern daß sie überhaupt auch noch vielen andern aus dem Zusammenleben der Menschen hervorgehenden Schädlichkeiten entgegen arbeiten.