Asiaticus.
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leisten oder nicht. Ihre gewöhnliche Obliegenheit war der Kriegsdienst, zu dem sie voir frühester Jugend an in strenger Schule erzogen wurden; die fähigeren bekleideten Verwaltungsposten. Ihren Fürsten waren sie zwar zur Treue bis in den Tod verpflichtet; aber ihr Verhältnis; zu denselben war durchaus kein knechtisches, sondern eher ein militärisches, wie das des Kriegers zu seinem Hauptmann. In allen wichtigen Angelegenheiten des Landes mußten sie befragt werden, und selbst der gewöhnlichste Samurai hatte und nahm sich das Recht, seinem Fürsten oder Vorgesetzten, dessen Betragen dazu Veranlassung gab, Vorstellungen zu machen; der Fürst, der das Vertrauen seiner Samurai nicht zu bewahren wußte, wurde einfach abgesetzt. Dabei herrschte ein strenger Kastengeist; daß ein Samurai ein Mädchen aus den niederen Ständen heirathete, kam äußerst selten vor; an den Vergnügungen des Volkes nahm er keinen Antheil, der Besuch der Badehäuser, Theater und ähnlicher Bergnügungslocale, war ihm streng verboten, derjenige, welcher an solchen Orten mit jemanden: aus dem Volke in Streit gerieth, unrettbar dem Tode verfallen. Der alte kriegerische Geist jedoch war in der langen zweihundertjährigen Friedensperiode ganz erschlafft, alles höhere Streben durch die drakonischen Gesetze des Taikunats niedergedrückt.
Aber auch durch Wiederbelebung der Wissenschaften hatte der Gründer des Taikunats, Jyeyassu, den unbändigen Sinn der in langen Kriegen entmenschten Samurais zu mildern und in eine friedliche Richtung zu leiten verstanden. Seit ihm war das Studium der chinesischen Classiker, das bisher nur von den Priestern und Mönchen war gepflegt worden, auch bei den Kriegern Mode geworden, und die Jugend wurde neben dem Waffendienst auch in der chinesischen Wissenschaft erzogen. Eine philosophische Abhandlung in gewählten chinesischen Charakteren und mit möglichst vielen Citaten aus den chinesischen Classikern ausgeschmückt zu verfassen, sowie bei festlichen Gelegenheiten zierlich abgerundete und formgerechte Verse zu schreiben, gehörte zum vollendeten Samurai. : Die chinesische Wissenschaft wirkte entnationalisirend, indem sie durch die Erhabenheit ihrer Philosophie und durch den Glanz ihrer Kaisergeschichte die Erinnerung an die ruhmreiche aber rohe Zeit der eigenen Heroen verwischte; der Japaner ist seiner ganzen Anlage nach sehr zum Grübeln und Disputiren geneigt, und diesem Hang bot das Studium des Confucius, Mencius u. s. w. volle Befriedigung. So finden wir die Besseren und geistig Regsamen unter den Samurais in: Studium der chinesische!: Classiker vergraben, während die größere Masse cavaliermäßig in den Tag hineinlebte, und das, was der Bauer mit sauren: Schweiße gewonnen, verpraßte. Nur einige wenige hatten in den letzten Jahrzehnten an dem Betrachten der eigenen Geschichte Geschmack gefunden, und einen kleinen Kreis gebildet, der die kosmopolitische chinesische Wissenschaft stark befeindete, die japanische Sprache in ihrer alten Reinheit wieder herstellte und den Sinn des Volkes durch die Erinnerung an die eigene Helden zeit zu wecken suchte. Obschon diese kleine, nur nach einigen Hunderten zählende Partei in den ersten Tagen der