Heft 
(1879) 26
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Asiaticus.

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umgeben, solange niederknien, bis der Zug vorbei mar. Die Minister des Taikuns hatten selbst vor den mächtigsten Lehnsfürsten den Vortritt. Der niedrigste Taiknnliche Krieger konnte im Schlosse von den höchsten Beamten der Fürsten unterwürfigen Gruß und ehrerbietiges Begegnen fordern.

So tief hatte die kriegerische Macht der Taikune die stolzen Fürsten gebeugt; vereint wären sie wohl im Stande gewesen, das harte Joch abzu­schütteln, aber die Einigkeit fehlte und tiefer Haß trennte die einzelnen Stämme von einander. Allmälig hatten sie sich gefügt, um so mehr, als sie in den inneren Angelegenheiten ihrer Länder völlig unabhängig und von aller Controle frei waren. Hier besaßen sie die volle Souverainetät, waren Herren über Leben und Tod der Bürger und Bauern und konnten dieselben so hart besteuern, wie sie wollten. Andere Leistungen als den alljährlich abwechselndeil Nachtdienst in Acdo und im Falle eines Krieges die Heerfolge, schuldeten sie dem Taikun nicht. Kriege kamen in dein langen Zeiträume seit Beginn des siebzehnten Jahrhunderts nicht vor, und so konnten sie Einkünfte ihrer Länder selbstischen Zwecken opfern.

Aber mit dem kriegerischen Geiste der Fürsten und ihrer Samurais erschlaffte auch die Tüchtigkeit der Taikune und ihrer Vasalleil. Aeußerlich boten sie zwar das Bild steter Kriegsbereitschaft; ihre Schlösser waren in gutem Stande, ihre Krieger die berühmtesten Fechter, und gegen die geringsten Vergeheil waltete nach wie vor eine drakonische Strenge. Aber die innere Kraft war geschwunden. Gerade die Vasallen und Samurais der Taikune waren dem Lebensgenuß am meisten ergeben und bargell unter einem eavalieren Aeußern einen feigen, jedes höheren Strebens unfähigen Geist. Niedrige Habsucht, Nepotismus und Gewissenlosigkeit hatten den Organismus des Staates zerfressen, cs bedurfte nur eines kräftigen Stoßes voll Allsten, und sein Bau mußte in seinen Grundpfeilern zusammenbrechen.

Wirkung öer Oeffnung der Vertrags-Häfen.

Diesen Stoß gab, wie schon oben erwähnt, die Ankunft der Fremden. Die Taikunregierung war sich ihrer Unfähigkeit, ihnen zu widerstehen, von Anfang an bewußt; sie suchte daher zunächst im Aufschub ihre Rettung und gab nur soweit nach, als sie nothgedrungen mußte. Aber das Ungestüm der Samurais stürmte über diese dilatorische Politik hinweg. Staunen und Schrecken über die Macht der Fremden, Beschämung und Entrüstung über die eigene Ohnmacht und Verkommenheit, belebten aus einmal diese Kaste, die bisher, in Lebensgenuß versunken, das Taikunat über die Geschicke des Landes hatte walten lassen. Ob sie eine Ahnung hatten, daß der Ver­kehr mit dem Auslände ihrer Existenz ein Ende machen würde? Alle aber beherrschte der eine Gedanke, daß das Taikunat seinen Berus nicht erfüllt habe, denn als solchen hatte es sich in den Grundgesetzen selbst vorgeschriebe«, das Land gegen innere und äußere Feinde zu schützen. Und während so