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Die staatliche und sociale Entwickelung Japans.
jüngeren Söhnen war der Eintritt in einen anderen Lebensberuf als Handwerker, Kaufmann n. f. w. durch die Verhältnisse sehr erschwert, und so lebten sie denn, da der Staat keine Mittel zu ihrer Dotation mehr übrig hatte, wenn sie nicht so glücklich waren, als Erbe eines andern Samurai-Geschlechtes adoptirt zu werden, vom Gnadenbrot ihrer altern Brüder. Ihr Mißvergnügen kanr jetzt, nach dem Sturze des Taikunats, wozu sie tapfer mitgekämpft hatten, zu offenem Ausbruch. Sie verlan gten, daß mit diesem auch seine Mißbräuche abgeschasst würden, und daß in dem neuen Staate Fähigkeit und Verdienst, nicht das Recht der Geburt gelte. An sie schlossen sich alle diejenigen, welche aus patriotischen oder politischen Beweggründen das Feudalwesen bekämpften, zunächst die Hofadligen und ihr Anhang, die Bewunderer des japanischen Alterthums, welche die unumschränkte Herrschaft des Kaisers wieder hergestellt sehen wollten und zuletzt, aber zu ganz andern Zwecken, die jungjapanische Partei. Für ihren Erfolg war die Abschaffung des Feudalwesens die erste Bedingung, und Abdankung der Fürsten, Aufhebung der Geburtsrechte, Anerkennung des Verdienstes der Hauptinhalt ihres politischen Programms. Auch die ruhig Denkenden wurden mit fortgerissen; mochten sie auch vor den Umsturzideen der anderen zurückschrecken, sie wurden durch eine Autorität besiegt, die jeden gebildeten Japaner in Politik und Gewissenssachen die höchste ist: die chinesischen Philosophen, vor allen Confucius, der in der Geschichte der Kaiser gezeigt hatte, daß die kaiserliche Gewalt allein herrschend sein müsse und unter ihr das Verdienst.
Für die Regierung selbst waren die politischen Gründe die zwingendsten; denn gleich, nachdem sie von der Hinterlassenschaft der Taikune Besitz ergriffen hatte, zeigte sich, daß das Feudalwesen ihre Selbständigkeit nach Außen gefährde und im Innern alle wirthschaftliche Entwickelung unmöglich mache. Die Regierung konnte den Verkehr der fremden Kaufleute mit den Territorien der Fürsten nicht hindern; würde aber bei Rechtsstre-itigkeiten Seitens der Ersteren auf Grund der Verträge ihre Intervention angerusen, so war sie nicht stark genug,- ihren Befehlen und Entscheidungeil bei den fürstlichen Negierungen Anerkennung zu verschaffen. Ein offenes Eingeständnis^ dieser Schwäche würde bei den fremden Mächten den Entschluß hervorgerufen haben, mit den Fürstell in directen Verkehr zu treten; sie mußte sich daher durch Ausflüchte und hinhaltende Maßregeln helfen, und so waren ihre Beziehungen zu jenen fortwährend äußerst gespannt und unbehaglich. Reclamationen finanzieller Art seitens der Fremden waren häufig. Die südlichen Fürsten, besonders Satzuma und Choshu, waren durch den Krieg vollständig rninirt; die Ausrüstung mit europäischen Waffen und Kriegsmaterial, die starke Vermehrung der Truppen -— in Choshu hatte man mehrere Tausend Bauern unter die Samurais ausgenommen — hatten die Kräfte dieser kleinen Staaten weit überschritten. Jetzt, nachdem der Krieg beendigt war, konnten diejenigen, welche ihr Blut darin vergossen, nicht mehr hinter den Pflug zurückgeschickt werden, sie waren Samurais geworden und beanspruchten Jahrgehälter.