Heft 
(1879) 26
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Die staatlicbe und sociale Entw ickelung Japans. - 25ö

lag seit 1868 am Baden; er hatte überhaupt nie besondere Thatkraft bekundet und tm Vasallendienste der Taikune alle Fähigkeit zu selbstständigem Handeln verloren; sein einziger kriegstüchtigcr Stamm, Aidzu, war im Restauration? kriege ganz ausgerottet worden.

So rührte sich sür die entthronten Fürsten keine Hand, kein einziger Protest erhob sich aus ihrer Mitte gegen die ihnen angethane Vergewaltigung; willig kamen sie aus den Befehl der Regierung, ihre Residenz in Pedo zu nehmen und seit dieser Zeit ist ihre politische Nolle beendigt.

Die Einheit der Regierung war somit hergestellt und der Boden zum Ausbau eines Staatsgebäudes nach europäischen Principien geebnet. Ter religiöse Charakter, welcher der Regierung durch die Zweitheilung in eine geistliche und weltliche Regierungsgewalt war angeheftct worden, wurde wieder zerstört, die Regierung so weltlich organisirt, daß nicht einmal ein Cultus- ministerium bestehen gelassen wurde. Die Oberpriester des Sinto-Cultus werden zwar von der Regierung ernannt und besoldet; nur die inneren Angelegenheiten dieser Religion aber bekümmerte sie sich ebensowenig wie um die des Bndhismns. Nur die Vermögensangelegenheiten beider Culte werden von einer Abtheilung des Innern beaufsichtigt.

Cheokratischer Charakter des antiken japanischen Staates.

In der alten Zeit war Japan eine Theokratie, der Kaiser war der der Abkömmling der Götter, die Japan erschaffen haben, und regierte das Land in ihren: Aufträge. Alle Japaner waren mit Leib, Leben und Habe sein. In der Regierung war er durch keine anderen Gesetze gebunden, als die Thaten und Beispiele seiner Ahnen: diesem mit seinem Volke nachznahmen, und sie zu verehren, war seine einzige Regentenpslicht. Hierin allein auch bestand das Wesen der einheimischen Religion, der sogenannten Sintolehre; Regierung und Religion waren sonnt identisch. Jedoch seitdem die Japaner mit China in Verbindung getreten und dessen Cnltur und Wissenschaften sich angeeignet hatten, konnten ihre einfachen patriarchalischen Zustände nicht mehr sortbestehen, und es wurde daher im achten Jahrhunderte die Staatsverfassung der Tang-Dynastie eingesührt. Die Eintheilung und Organisation der Regierungsgewalten, die innere Administration, das Steuer- und Justizwesen wurden unveräi^ert von China herübergenommen und sind seitdem mit den: Land und Volk verwachsen. Nur die allerhöchste Autorität des Kaisers blieb von: Hauch des Chinesenthums unberührt. Der chinesische Kaiser ist nur der Vermittler zwischen Gott und den Unterthanen, er ist nicht unumschränkter Gebieter, sondern muß den Willen des Volks befragen; ja Confncins und seine Schüler billigen es, daß schlechte Kaiser abgesetzt werden. Dieses Princip ist in Japan nie anerkannt worden; der Kaiser fuhr fort, nach göttlichen: Recht den unumschränkte Gebieter seiner Unterthanen zu sein. Auch die Einführung des Budhismus, die gleichzeitig stattfand, that seiner Autorität