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Asiaticus.
keinen Eintrag; denn wenn er auch über ganz Japan sich ausbreitete, durch seinen Glanz den Sintoismns in Schatten stellte, und zur herrschenden Religion wurde, so blieb der alte Heroencult dennoch bestehen, und mit ihm der Glaube an die Göttlichkeit des Kaisers. Ter Budhismus suchte zwar die alten Götterhelden als budhistische Erscheinungsformen sich zu eigen zu machen, eine feindliche Stellung zu dem einheimischen Cultus aber nahm er nicht ein, da er weder dessen Dogmatik noch dessen Riten zu fürchten hatte.
Die kaiserliche Autorität erhielt sich auch, nachdem die wirkliche Herrschaft in die Hände der Kronseldherren und der späteren Taiküne gelangt war, und vielleicht hat gerade die Unsichtbarkeit, in welcher ihre Träger wahrend der Herrschaft der letzteren gehalten wurden, ihren Nimbus noch erhöht; für den gewöhnlichen Japaner ist der Kaiser noch immer der Abkömmling der Götter, und derjenige, welcher als ein Empörer gegen seine heilige Person geächtet worden ist, gilt als ein Ausgestoßener der Menschheit.
Die moderne Staatsverfassung. Die absolute Gewalt des Kaisers.
Die absolute Macht des Kaisers ist in der jetzt geltenden modernisirten Staatsverfassung bestehen geblieben. Er macht nach eigenem Gutdünken die Gesetze, denen sich alle zu unterwerfen haben. Freilich ist seit einigen Jahren eine Art Landesvertretung in dem sogenannten Senat, „Genroin", geschaffen worden, jedoch die Art seiner Zusammensetzung zeigt auf den ersten Blick, daß er von keiner Politischen Bedeutung sein kann. Die Senatoren, deren Zahl jetzt zwanzig beträgt, sind nämlich alle ebenso absetzbar, wie die Beamten: einige von ihnen sind ehemalige Fürsten, die meisten hervorragendere Mitglieder des Samurai-Standes, die sich mit einem Senatorengehalt von fünftausend Dollars darüber trösten müssen, daß im activen Staatsdienst keine passende Stelle für sie offen ist. Nach dem Organisationsgesetz darf der Senat nur Vorlagen der Regierung discutiren und auch dann ist sein Votum lediglich ein berathendes. In Wirklichkeit gehen Gesetzentwürfe wichtiger Natur ihm gar nicht zu; höchstens jährlich ein Mal wird über ganz unwichtige Dinge, wie z. B. die Abfassung der Statuten der neu creirten Orden, eine Meinungsäußerung von ihm verlangt. Unter solchen Umständen ist das Institut nnsähig, auch nur den Schein einer repräsentative Körperschaft aufrecht zu erhalten und ist daher, wie manche anderen neuereil Einrichtungen Japans, nichts anderes, als eine bloße Nachahmung der Aeußerlichkeiten des europäischen Staatslebens oder gar nur ein Vorwand zur Versorgung ruinirter Fürsten und stellenloser Politiker.
Der hohe Abel.
Die ehemaligen Fürsten und Hofadligen, welche jetzt unter der Bezeichnung „Kasoku" den hohen Adel bilden, und die „Shisoku", der niedere