Heft 
(1879) 26
Seite
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2?^ - B. 1s. Ltrousberg in Berlin. -

sind sie nicht bekannt, und doch kann sich eine öffentliche Meinung nur auf Vorlagen der Art bilden.

Bei der unglücklichen Neigung unserer Fractivnen, Alles vom rein taktischen Standpunkte aus zu behandeln, ist Fürst Bismarck wahrscheinlich gerechtfertigt, wenn er ein Entgegenkommen der Parteien im Staatsinteresse allein für die rein sinancielle Seite der Frage nicht erwartete, und so rächt es sich, daß man es jetzt mit allen möglichen Ausgangspunkten zu thun hat, und daß wir aller Wahrscheinlichkeit nach unter dem Vorwand des Schutzzolles mit einem Tarif beglückt sein werden, durch welchen allen möglichen Interessen Schutz in Leckerbissen zuertheilt wird, die den Appetit anregen, aber den Magen nicht befriedigen werden.

Ich habe mir die Mühe gegeben, das Machwerk unter der Ueberschrift: Revidirter Zoll-Tarif" zu studiren und bin von dem Studium desselben mit der Ueberzeugung aufgestanden, daß derselbe in sich, wenn auch nicht harmlos, doch höchstens das Verdienst hat, dem Staats-Säckel eine Zahl von Brocken zuzuführen, ohne irgend einer der darin bedachten Interessen gerecht zu werden. Wenn es sich allein darum handelte, den vorliegenden Zolltarif anzunehmen oder abzulehnen, so würde es nach meiner Auffassung ziemlich gleichgültig sein, wie entschieden wird. Der Fehler liegt immer nur darin, daß man durch diesen Tarif Hoffnungen erregt, Geister geweckt hat, die man nicht wieder so leicht wird befriedigen können, und vielleicht war es die Absicht, ihn so zu gestalten, daß man durch die so angeregten Interessen die jetzt eingetretene Verwirrung in den Parteien chronisch mache.

Wenn es sich rechtfertigte, diesem oder jenem Zweige unserer Industrie Schutz zu gewähren, wenn es rathsam wäre, im Interesse der Handelsbilance Luxus und andere Gegenstände so zu besteuern, daß deren Import unmöglich wird, so ist selbst dieses im vorliegenden Zolltarif nicht erlangt; z. B. seidene französische Kleider werden trotz 900 Mark Pro 200 Kilo doch importirt werden. Ein französischer Damenhut kann eine Steuer von einer Mark recht gut tragen.

Der russische Holzhandel die einzige Handhabe, die wir gegen Rußland haben, denn die Einfuhr von Getreide zu verbieten, liegt nicht im Interesse unserer Hafenstädte wird nicht verhindert werden durch einen Zoll von 60 Pfg. pro Fest-Meter, 50 Pfg. pro 100 Kilo für Roggen, Gerste, Mais und Buchwaizen sind kein bedeutender Schutz für den Landwirth und eben so wenig wird er durch eine Mark für Waizen beglückt.

Selbst die Eisen-Industrie, wenn sie Schutz bedürfte, kann nicht sehr gehoben werden durch eine Mark pro 100 Kilo für Roh-Eisen oder 1,50 Mark für schmiedbares Eisen, namentlich da man Abfälle von Eisensabrikaten, Eisen­blech u. s. w. zollfrei und gewissermaßen frachtfrei als Ballast importireu wird.

Neben dem Zolltarif hat der Bundesrath auch das Tabakssteuergesetz genehmigt und dessen eventuelle Annahme Seitens des Reichstages scheint in sicherer Aussicht zu stehen.

Die Eingangszölle für importirlen sowohl wie die Steuer aus den im