Heft 
(1879) 26
Seite
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^ ^ Zwei Fragen, die nicht brennen. - 2?ö

Lande erzeugten Tabak ist viel niedriger, als man eine gründliche Wirthschaftsreform vorausgesetzt hätte annehmen können. Es ist nur zu bedauern, daß durch das Hineinziehen der Schutzzollfrage die wirkliche Wirthschasts-Reform in den Hintergrund tritt.

Als Sir Robert Peel die zu seiner Zeit höchst unpopuläre Einkommen­steuer in England einführte, aus der dem Staatsschätze jetzt 185,000,000 Mark zufließen, begleitete er dieses Gesetz durch Ermäßigung und Beseitigung von einer Unzahl von Artikeln im Zolltarif. Zu dieser Zeit war Sir Robert Peel noch ein eifriger Schutzzöllner, indem er soeben bei den allgemeinen Wahlen unter dieser Fahne über seine Gegner einen Sieg errungen hatte. Die erste Aufgabe, die ihm gestellt war, bestand darin, die seit Jahren bestehende Jnsufsieienz der Einnahmen vm-a-Bs den Ausgaben zu beseitigen. Dieser Ausgabe gegenüber ließ er für den Augenblick gänzlich die Principien- frage zwischen Schutz-Zoll und Freihandel außer Acht und widmete sich der Sache vom rein fiscalischen Standpunkte. Er ging an seine Arbeit mit Ernst und beseitigte das Uebel radieal durch die Einführung der Einkommensteuer, und da es ihm geboten erschien, dem Volke da, wo er Großes von ihm verlangte, Compensationen zu bieten, so fürchtete er sich nicht, die Steuer

gleich so hoch zu greifen, daß er in der Lage war, aus dem Gebiete der

Zollermäßigung Etwas zu gewähren. Er vermied es also hier, verwirrende

Momente, die sogar dort Tagesfrage waren, mit hineinzubriugen. Zufälliger­weise stellte es sich bald practisch heraus, daß Verminderung der Zölle nicht nöthigerweise Verminderung der Einnahmen bedeutete, indem eine erhebliche Reduction der Steuer auf Gegenstände des wirklichen großen Consums zu Mehrverbrauch uud daher Ergänzung des Verlustes führten.

Ans diesen practischen Erfahrungen zogen Sir Robert Peel und später Mr. Gladstone ihre Schlüsse, durch welche diese beiden Staatsmänner schließ­lich zu Freihändlern wurden. Es lag in der Art, wie Sir Robert Peel seine Wirthschaftsreform einleitete, erstens und hauptsächlich eine klare und aus­gesprochene Absicht, das Gleichgewicht zwischen Einnahme und Ausgabe her­zustellen, uud ebenso deutlich der Wunsch, dem Lande für die auszuerlegende Bürde Compeusation zu geben, und obgleich damals die Wogen zwischen Frei­handel und Schutzzoll hochgingen, so hat Sir Robert Peel die Frage doch nicht hineingezogen und durch Principienstreit Nichts complicirt. Seine Maß­regeln waren den fiscalischen Bedürfnissen angepaßt, theilweise sogar im Widerspruch mit seinen monomischen Ansichten. Eben wegen dieser Ein­fachheit der Behandlung konnten die wichtigen Principien später gründlich ausgetragen werden und nicht, wie es bei uns geschieht, zur Verwirrung der Anschauung führen. England hatte zur Zeit im Verhältnis; mehr indirecte als directe Steuern. Es ließ sich im Augenblick nur auf dem Wege der Ein­führung directer Steuern eine Vermehrung der Staatseinnahmen erzielen. Diese wurden denn auch genehmigt, und als Ersatz dem Volke Erleichterung auf dem Gebiete der indirecten Steuern gewährt.

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