Zwei Fragen, die nicht brennen.
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Industriellen nach Schutzzoll streben, so ist gerade auf diesem Gebiete in Folge der Noth so Vieles erreicht, daß, wenn der eingeschlagene Weg nicht verlassen wird, und wenn man sich nicht auf die Klippe des Schutzzolles begiebt, wir in sehr kurzer Zeit da mit dem Auslande siegreich concurriren können, wo unsere Production urwüchsig ist, und wo wir Das anstreben, zu dem wir befähigt sind. Wenn der Staat wirklich geneigt ist, die unserer Eisenindustrie anhaftenden Schwächen zu beseitigen, so kann dieses nur auf dem Gebiete der Erleichterung des Verkehrs und der Ermäßigung der Frachten geschehen, weil daran allein unsere Eisenindustrie leidet.
Die Frage zwischen Schutzzoll und Freihandel ist eine zu umfassende, als daß ich sie hier auch nur annähernd genügend beleuchten könnte. Ich lasse es vollständig dahingestellt, ob einzelne unserer Industrien Schutz bedürfen, ob überhaupt Schutz gewährt werden kann oder erforderlich ist.
Ich behaupte nur, daß die Frage unreif ist und nicht brennt, daß die Art, wie man dieselbe in unserm Zolltarif behandelt hat, den Bedürfnissen des Schutzzolles nicht genügt, daß daher Unruhe aus allen Gebieten geschaffen worden ist, daß die producirende Welt bei uns, sich in Folge der Anregung dieser Idee dauernd einer Erweiterung des Schutzzolles statt einer Verbesserung ihrer Productionsmethoden zuwenden wird, und daß wir sonnt von dem theils eingeschlagenen, theils einzuschlagenden Weg, der allein zum Heil führt, das Höchste, Preiswürdigste und Billigste zu erzeugen, abgezogen werden.
Es scheint mir überhaupt der angestrebten Wirthschafts- und Eisenbahnpolitik ein Gedanke zu Grunde zu liegen, der sich vom Standpunkte des Politikers verstehen und in gewissem Grade auch vielleicht rechtfertigen läßt, der aber vom Standpunkte des wirthschastlichen Staatsmannes bedauerlich und für das Land von den übelsten Folgen sein könnte.
Es liegt in dem Versuche, unsere Eisenbahnen zu verstaatlichen, ja in der Absicht, ein Tabaksmonopol zu schaffen, bei dem hundert Tausende vom Staate beschäftigt werden müssen, und in ähnlichen Aspirationen, die zu Tage treten, scheinbar der Wunsch, die größtmöglichste Zahl der schaffenden, arbeitenden und intellectuellen Welt unter Staatsobliegenheit im Sinne des Beamienthums zu bringen, und ebenso scheint es in dem Angestrebten zu liegen, jede Gelegenheit wahrzuuehmeu, um durch klebernahme von Eisenbahnen rc. und durch die Zoll- und Wirthschaftsrevision Mittel zu schaffen, die den Staat unter allen Umständen hinsichtlich Geldbewilligung von der Landesvertretung unabhängig machen.
Wenn man einen dynastischen Staats-Socialismus anstrebt, so scheint mir der eingeschlagene Weg verständlich; zu berücksichtigen wird hierbei nur sein, daß dieser Weg schließlich doch im Widerspruch liegt mit einem Verfassungs- lebeu und eventuell zu Conslicten Anlaß geben würde, die, wenn sie ihren logischen Austrag finden, in einen anderen Socialismus als in den bezweckten ausarteu könnten, während sich doch der Staatsmann sehr wohl fragen muß,