Heft 
(1879) 26
Seite
281
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Bibliog

Karl Wittich, Struensee. 8. XIV u.

263 S. Leipzig 1879, BeitLCo.

Mehr als ein volles Jahrhundert ist seit jener verhängnisvollen Nacht verflossen, da im Kvpenhagener Königsschlvß nach durchbraustem Tanzfest die gewaltsame, das Heiligthum der Schlafgemächernicht achtende, Verhaftung der Grafen Struensee und Brandt, der Königin Karoline Mathilde von Dänemark stattfand. Viel ist verleumdet, angeschuldigt und entschuldigt worden in dieser Sache von allen Parteien, welche sich des Stoffs bemächtigt haben. Noch heule, wie nian weiß, leben direete Nachkommen mütterlicherseits jener Prinzessin, welche nach allenZeuguissen fürStruensee'sTochter gelten muß, die aber von der oldenburgischen Königsfamilie in ihrer Legitimität nicht beeinträchtigt worden ist. Diese Nachkommen sind die weiland vielgenannten Herzoge von Schleswig-Hvlstein-Augustcuburg, in deren Familie wie wir hören der Tag der ! Hinrichtung des großen Grafen und geheimen Kabinetsministers König Christians XII. als ein Trauertag stets gegolten hat und noch gilt.

Dieses vorausgeschickt, wird eine unbe­fangene historische Würdigung, welche der Katastrophe jetzt neuerdings durch Professor Wittich in Jena zu Theil geworden ist, wohl um so eher allgemeine Beachtung verdienen, als dieselbe mit gründlicherKennt- uiß der einschlägigen, sowohl dänischen als deutschen, englischen als frarczvsischen Literatur eine sichere Charakterzeichnung, j eine elegante Diction und ein glückliches Taktgefühl in Behandlung der Details verbindet. Dabei ist der Umfang der Arbeit, trotz einer ansehnlichen Anzahl Excurse, knapp und eoneis gehalten, wie ! es bei derartigen Werken in Deutschland nicht häufig der Fall zu sein pflegt. Bei i

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einem Publicum, das zwei dramatische Bearbeitungen der Struenseefigur mit Interesse ausgenommen hat von Beer und Laube, hat dieses neueste und wie wir glauben sorgfältigste und am wenigsten parteiische Resums der Struensee-Akten ! wohl Ursache, auf weiteres Entgegenkommen zu hoffen. Zwar hat Verfasser, wie er wiederholt klagt, die eiuestheils zu Kopen­hagen, anderntheils zu Schloß Bergenhus in Norwegen und anderswo aufbewahrten Prveeßaeten nicht in genügender Weise erschöpfen können. Indessen meint er selbst, davon nicht mehr allzu viele Blenderungen besorgen oder hoffen zu dürfen, nachdem die quellenmäßige Untersuchung im Lande von Struensee's Wirken schon manche schätzenswertste Publikationen hierüber zu Tage gefördert hat. G.

Franz Giese, Frans Essink. Sin Leben un Driben as olt Münstersch Kind. 3. Ausl. 8. X u. 282 S. Braunschweig 1879, Harald Brustn.

Unser verehrter Mitarbeiter Klaus Groth, der genialste Dialectdichter unserer Zeit, läßt sich über denWerth des Giese'schen Romans wie folgt vernehmen: Wenn

nun das Plattdeutsche einmal als Volks­sprache verschwunden sein wird man weissagt seinen Untergang nunmehr seit drittehalb hundert Jahren wenn es nicht mehr von lebendigen Lippen tönen wird als traute Familien- und Umgangs­sprache, so wird er dort jetzt in Schrift­werken fortleben, und wenn aus der großen Flnth oder der allmähligcn Versumpfung mich nur ein halb Dutzend Namen von Schriftstellern mit ihren Werken noch hervvrragen mögen, so ist sicher anzu­nehmen j daß das vorliegende Buch von Franz Giese, daß die Lebensgeschichte des