perliches Unbehagen verursacht.
Wissenschaftstheoretische Studien zum Sachverhalt der Unterrichtsstörungen zeigen eindeutig auf, daß nicht nur die Herangehensweise an den Begriff sehr divergierend ist, sondern daß sich auch ein Über-Denken des "Störungsbegriffs" zwingend notwendig macht. Man findet in der einschlägigen Literatur, Formulierungen im Zusammenhang mit dem Störungsbegriff, die eindeutig immer von Schüler aus diskutiert werden.
So wird die Unterrichtsplanung und-gestaltung des Lehrers gestört, weil einer der Schüler sich nicht konzentrieren kann, sprich konzentrationsgestört ist. Ein anderer Schüler dagegen attackiert den Lehrer verbal, somit wird vorschnell eine Verhaltensstörung vermutet. Auch bei Lernstörungen werden Ursachenzuschreibungen einzig und allein auf Schülerseite vorgenommen. Demzufolge beziehen sich Störungen immer auf bestimmte Erwartungen und Normansprüche des Lehrers, so z.B. an die Konzentationsfähigkeit des Schülers, an sein Verhalten oder an seine Leistungen.
Ein Vorlaut-Sein kann von dem einen Lehrer als rüpelhaftes Verhalten geahndet werden, von dem anderen Lehrer wird dasselbe Verhalten als schöpferische Unruhe gedeutet. So ist das Deutungswissen divergierend und die entsprechend eingeleiteten Disziplinierungsmaßnahmen der Lehrer sind sehr unterschiedlich.
Wird jedoch ein störendes Schülerverhalten vom Lehrer beobachtet, wird häufiger die Frage gestellt: Wie kann ich das Schülerverhalten verändern?" Solche und ähnliche Formulierungen und Fragen von Lehrerseite zum Problem der Unterrichtsstörungen zeigen eindeutig, daß eine Störung des Unterrichts nur durch das störende Schülerverhalten hervorgerufen werden kann.
Demzufolge wird im normativen Denken mit der"Störung" immer etwas Negatives assoziiert. Die Verursacher oder"Gestörten" sind immer die Schüler. Das dieses Störverhalten auch eine zu entschlüsselnde Botschaft an den Lehrer sein kann, also einen Appellcharakter haben kann, wird meist nicht gesehen. Diese Botschaft kann zum einen heißen, daß der Schüler sehr konfliktbelastet ist oder zum anderen, daß familiäre Situation z.Z. für ihn unerträglich geworden sind. Die Botschaft kann aber auch ein Signal für eine schlechte Lehrer- Schüler- Beziehung sein. So können Unterrichtsstörungen die verschiedensten Botschaften verschlüsseln.
Die Motivkonstellation, aus der heraus Schüler den Unterricht stören, kann gerade in den Klassen 5 und 6 sehr differenziert sein. So zeigen Einzelfallstudien, daß auftretende Entwicklungsprobleme aber auch Entwicklungsbesonderheiten in diesen Klassenstufen zu Unterrichtsstörungen führen können. Weiterhin ist festzustellen, daß individual-psychologisch aufgrund eines labilen Selbstwertgefühls und erhöhter Unsicherheit der Schüler in der Vorpubertät der herkömmliche Unterricht so nicht mehr akzeptiert
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