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Lernen in den Klassen 5 und 6 : Werkstattheft / [Universität Potsdam. Hrsg.: Direktorium des Instituts für Grundschulpädagogik]. Wiss. Red.: Barbara Wegner
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wird und eine dominierende Reaktionsalternative in der Störung des Unter­richts liegt. Jungen wollen, entwicklungspsychologisch bedingt, ihre zuge­nommene körperlichen Kraft unter Beweis stellen und mit ihren inszenier­ten Störungsbildern den Mädchen imponieren. Bei Mädchen fallen hierbei eher solche emotional bestimmten Verhaltensweisen auf, die sich im ständi­gen Kichern und Tuscheln zagen.

Überforderung während des Unterrichts, aber auch Unterforderung, wel­che Langeweile bewirken, sowie Motivationsverlust, können mit zu den Hauptverursachern gehören. Eine hohe Konfliktbelastung seitens des Schü­lers aber auch Erziehungs- und Unterrichtsfehler sowie gestörte Familien­verhältnisse werden ebenfalls zu den Bedingungen von Unterrichtsstörun­gen gezählt, und somit können auch sie Ursache für das extrem auffällige bzw."störende" Verhalten sein. Gleichzeitig wird in der sachbezogenen Li­teratur gerade in den Klassenstufen 5 und 6 ein erhöhtes Anspruchsniveau und dessen Durchsetzung auf der Lehrerseite und das" Sichversagen" bzw. das Nicht-Erfüllen-Können auf Schülerseite als Ursachenkomplex mit an­gegeben. Das ist zu berücksichtigen, wenn Signale gedeutet und Botschaf­ten von Schülern verstanden werden sollen. Dieser Verstehensprozeß, der die Unterrichtsstörung in einem anderen Licht erscheinen läßt, ist aber nur dann möglich, wenn sich die Einstellung des Lehrers, zugunsten des Ver­stehens einer Unterrichtsstörung verändert.

Kleinere Studien am Institut für Grundschulpädagogik in Potsdam und Fortbildungsveranstaltungen mit Grundschullehrern zum Problem der Un­terrichtsstörungen haben dieses theoretische Fundament erneut bestätigt. Bei der Frage, was Lehrer unter dem Begriff"Unterrichtsstörungen" verstehen, äußern sie folgende Verhaltensweisen auf Schülerseite:

Schüler lachen, wenn der Lehrer mit einem ernsten Lehrervortrag be­gınnt.

Wenn stilles Zuhören angesagt ist, reden sie.

Schüler kippeln mit den Stuhl, bis er krachend kippt.

Sie wenden sich im Unterricht dem zu, der Schabernack treibt und den­ken nicht daran, daß Tafelbild abzuschreiben.

Sie brechen absichtlich die Bleistiftspitze ab, um wieder zum Papierkorb gehen zu können.

Einig waren sich die befragten Lehrer darin, daß Störungen des Unter­richts vor allem durch alle Verhaltensweisen hervorgerufen werden, mit de­nen der Schüler sich bewußt über schulische Normen und Regeln hinweg­setzt. Das Störverhalten richtet sich eindeutig gegen den Lehrer, die Mit­schüler oder gegen den Unterrichtsverlauf. Das Spektrum der definierten Unterrichtsstörungen geht vom Vorlaut-Sein bis hin zur absoluten Lernver­

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