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Lernen in den Klassen 5 und 6 : Werkstattheft / [Universität Potsdam. Hrsg.: Direktorium des Instituts für Grundschulpädagogik]. Wiss. Red.: Barbara Wegner
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Renate Heusinger

Mut zur Freiarbeit in den Jahrgangsstufen 5 und 6

Vorbemerkung

Fragen zur Gestaltung freier Arbeit sind eingebunden in die Diskussionen über eine Öffnung von Schule und Unterricht. Sie begleiten die Reformbe­strebungen in der Grundschule seit Mitte der 70er Jahre.

Als Gegenbewegung zu einseitiger Wissenschaftsorientierung, frontaler Belehrung und einer Monokultur passiv-rezeptiver Lernsituationen im Schulalltag(vgl. Ramseger 1977) wurden und werden von Lehrer/innen und Wissenschaftlern Konzepte geöffneten Unterrichtens entwickelt und erprobt, die sich von der Orientierung an einem fiktiven Durchschnitts­schüler verabschieden und die Schüler als Person mit ihren Interessen und Bedürfnissen sowie ihren je verschiedenen Lernweisen ins Zentrum päd­agogischen Denkens und Handelns rücken. Dabei geht es wie Hartmut von Hentig formuliert,

... weder um ein bißchen mehr laissez- aller noch um mehr Aktivität. Von beidem

gibt es genug- Schulen, die die Kinder in der Nichtigkeit ihrer Selbstbeschäftigung

verhungern lassen, Schulen, die ihnen die Besinnung nehmen mit den pausenlos Spaß

machenden, weltrettenden, gemeinschaftsfördernden, phantasieanregenden, kind­oder jugendgemäßen Projekten(Hentig 1993, S. 207).

Auch Postulate, die auf eine Überlegenheit vonoffenen gegenüberge­schlossenen Lehr- und Lernformen zielen, sind hier wenig hilfreich. Vielmehr muß der Unterrichtsalltag für die Schüler Raum und Zeit bereit­halten, daß sie sich als Subjekte ihres Lernprozesses erfahren können, in­dem sie durch die selbstbestimmte Hinwendung und Auseinandersetzung mit einer Sache ihre besonderen Interessen entdecken, ihre Möglichkeiten und Grenzen erproben und sich neuen Herausforderungen gegenüber öff­nen. Wenn Schule eine Schule bleiben soll, braucht sie beides, den Lehr­gang als Form systematischer Wissensvermittlung und selbstgesteuerte, erfahrungs- und handlungsorientierte Lernformen. Mit dem Blick auf ihre jeweils besonderen Funktionen im Bildungsprozeß können beide Möglich­keiten des Lehrens und Lernens einander ergänzen und bereichern. Aller­dings müssen dann auch Lehrgänge, die inhaltlich der Fachsystematik fol­gen, offen sein für eine personen- und sachbezogene Diskussion.Das gilt zwar für den Unterricht in allen Jahrgangsstufen, hat aber für die Klassen 5 und 6 mit verstärkt einsetzenden Fachunterricht eine besondere Bedeutung. Diese Vorbemerkung erschien mir wichtig, weil in SCHILF-Veran­

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