Renate Heusinger
Mut zur Freiarbeit in den Jahrgangsstufen 5 und 6
Vorbemerkung
Fragen zur Gestaltung freier Arbeit sind eingebunden in die Diskussionen über eine Öffnung von Schule und Unterricht. Sie begleiten die Reformbestrebungen in der Grundschule seit Mitte der 70er Jahre.
Als Gegenbewegung zu einseitiger Wissenschaftsorientierung, frontaler Belehrung und einer Monokultur passiv-rezeptiver Lernsituationen im Schulalltag(vgl. Ramseger 1977) wurden und werden von Lehrer/innen und Wissenschaftlern Konzepte geöffneten Unterrichtens entwickelt und erprobt, die sich von der Orientierung an einem fiktiven Durchschnittsschüler verabschieden und die Schüler als Person mit ihren Interessen und Bedürfnissen sowie ihren je verschiedenen Lernweisen ins Zentrum pädagogischen Denkens und Handelns rücken. Dabei geht es wie Hartmut von Hentig formuliert,
„... weder um ein bißchen mehr laissez- aller noch um mehr Aktivität. Von beidem
gibt es genug- Schulen, die die Kinder in der Nichtigkeit ihrer Selbstbeschäftigung
verhungern lassen, Schulen, die ihnen die Besinnung nehmen mit den pausenlos Spaß
machenden, weltrettenden, gemeinschaftsfördernden, phantasieanregenden, kindoder jugendgemäßen Projekten“(Hentig 1993, S. 207).
Auch Postulate, die auf eine Überlegenheit von„offenen“ gegenüber„geschlossenen‘“ Lehr- und Lernformen zielen, sind hier wenig hilfreich. Vielmehr muß der Unterrichtsalltag für die Schüler Raum und Zeit bereithalten, daß sie sich als Subjekte ihres Lernprozesses erfahren können, indem sie durch die selbstbestimmte Hinwendung und Auseinandersetzung mit einer Sache ihre besonderen Interessen entdecken, ihre Möglichkeiten und Grenzen erproben und sich neuen Herausforderungen gegenüber öffnen. Wenn Schule eine Schule bleiben soll, braucht sie beides, den Lehrgang als Form systematischer Wissensvermittlung und selbstgesteuerte, erfahrungs- und handlungsorientierte Lernformen. Mit dem Blick auf ihre jeweils besonderen Funktionen im Bildungsprozeß können beide Möglichkeiten des Lehrens und Lernens einander ergänzen und bereichern. Allerdings müssen dann auch Lehrgänge, die inhaltlich der Fachsystematik folgen, offen sein für eine personen- und sachbezogene Diskussion.Das gilt zwar für den Unterricht in allen Jahrgangsstufen, hat aber für die Klassen 5 und 6 mit verstärkt einsetzenden Fachunterricht eine besondere Bedeutung. Diese Vorbemerkung erschien mir wichtig, weil in SCHILF-Veran
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