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Lernen in den Klassen 5 und 6 : Werkstattheft / [Universität Potsdam. Hrsg.: Direktorium des Instituts für Grundschulpädagogik]. Wiss. Red.: Barbara Wegner
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Eiko Jürgens

...* Die Orientierungsstufe Von der Ursprungsidee bis zu den gegenwärtigen Realisierungsformen in den neuen Bundesländern

1. Vorbemerkungen

Die Entwicklung der Idee der Orientierungsstufe ist nicht zu trennen von dem historischen Verlauf, den das westdeutsche Schulwesen nach dem 2. Weltkrieg genommen hat. Und damit ist sie ebensowenig unabhängig von den in dieser Zeit unternommenen Reformversuchen und deren Erfolgen bzw. Mißerfolgen zu betrachten. Kurzum: Die Orientierungsstufe stellt ein Kernstück westdeutscher Schulgeschichte dar, dessen bildungspolitischer, erziehungstheoretischer und schulpraktischer Weg von heftigsten Ausein­andersetzungen zwischen Gegnern und Verfechtern gepflastert ist. Durch die organisatorischen und inhaltlichen Um- bzw. Neustrukturierungen in den neuen Bundesländern im Zuge der Vereinigung gewann die Orientie­rungsstufendiskussion eine neue Dynamik, wenn auch die Kontroverse längst nicht in der Heftigkeit ausgetragen wurde, wie z. Z. der sogenannten Bildungsreform Ende der 60er bis Mitte der 70er Jahre, die in der Bundes­republik ganz im Zeichen der integrierten Gesamtschule stand.

Daß in den neuen Ländern die Debatte um die Einführung der Orientie­rungsstufe eher gemäßigt verlief, hatte seine Hauptursache in der Tatsache, daß es auch in den letzten Jahren in den alten Bundesländern abgesehen von einigen Ausnahmen relativ ruhig geworden war, ganz einfach deshalb, weil- wie noch gezeigt werden wird- sie überwiegend nicht in der ur­sprünglich konzipierten Form oder gar nicht eingeführt worden war.

2. Von der Restauration des Schulwesens nach 1945 in den alten Bundes­ländern bis zur Konzipierung der Orientierungsstufenidee

Positionsunterschiede zwischen gesellschafts- und bildungspolitischen In­teressengruppen, wie sie in der Diskussion um die Reformierung der Klas­senstufen 5 und 6 insbesondere seit Mitte der 60er Jahre in den alten Bun­desländern vertreten wurden, waren nicht neu. Teilweise wurden sie schon gleichlautend zur Zeit des Wiederaufbaus des Schulwesens in den Jahren 1945- 1949 bei der Frage nach der Dauer der Grundschule vorgebracht.

"Wir danken dem Raabe Verlag für die freundliche Genehmigung, den Beitrag als Nachdruck zu veröf­fentlichen. Original erschienen in: 24 Schulleitung November 1994.

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