Eiko Jürgens
...* Die Orientierungsstufe Von der Ursprungsidee bis zu den gegenwärtigen Realisierungsformen in den neuen Bundesländern
1. Vorbemerkungen
Die Entwicklung der Idee der Orientierungsstufe ist nicht zu trennen von dem historischen Verlauf, den das westdeutsche Schulwesen nach dem 2. Weltkrieg genommen hat. Und damit ist sie ebensowenig unabhängig von den in dieser Zeit unternommenen Reformversuchen und deren Erfolgen bzw. Mißerfolgen zu betrachten. Kurzum: Die Orientierungsstufe stellt ein Kernstück westdeutscher Schulgeschichte dar, dessen bildungspolitischer, erziehungstheoretischer und schulpraktischer Weg von heftigsten Auseinandersetzungen zwischen Gegnern und Verfechtern gepflastert ist. Durch die organisatorischen und inhaltlichen Um- bzw. Neustrukturierungen in den neuen Bundesländern im Zuge der Vereinigung gewann die Orientierungsstufendiskussion eine neue Dynamik, wenn auch die Kontroverse längst nicht in der Heftigkeit ausgetragen wurde, wie z. Z. der sogenannten Bildungsreform Ende der 60er bis Mitte der 70er Jahre, die in der Bundesrepublik ganz im Zeichen der integrierten Gesamtschule stand.
Daß in den neuen Ländern die Debatte um die Einführung der Orientierungsstufe eher gemäßigt verlief, hatte seine Hauptursache in der Tatsache, daß es auch in den letzten Jahren in den alten Bundesländern abgesehen von einigen Ausnahmen relativ ruhig geworden war, ganz einfach deshalb, weil- wie noch gezeigt werden wird- sie überwiegend nicht in der ursprünglich konzipierten Form oder gar nicht eingeführt worden war.
2. Von der Restauration des Schulwesens nach 1945 in den alten Bundesländern bis zur Konzipierung der Orientierungsstufenidee
Positionsunterschiede zwischen gesellschafts- und bildungspolitischen Interessengruppen, wie sie in der Diskussion um die Reformierung der Klassenstufen 5 und 6 insbesondere seit Mitte der 60er Jahre in den alten Bundesländern vertreten wurden, waren nicht neu. Teilweise wurden sie schon gleichlautend zur Zeit des Wiederaufbaus des Schulwesens in den Jahren 1945- 1949 bei der Frage nach der Dauer der Grundschule vorgebracht.
"Wir danken dem Raabe Verlag für die freundliche Genehmigung, den Beitrag als Nachdruck zu veröffentlichen. Original erschienen in: 24 Schulleitung November 1994.
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