Einleitung zu'den ersten vier Bänden.
eben die Menschenkenntniss, denn diese beruhe auf
gesundem Menschenverstande einerseits, auf Erfahrung andererseits; es gebe keine dazu nöthige Geheimwissenschaft. Ueberdem habe ein begabter Schriftsteller eine Art von„Intuition“, er erfasse instinctiv den Menschen und begreife auf Grund von Ahnungen auch das Individuum, etwa so, wie ein junger Dramatiker wahrhafte Personen aus sich heraus holen könne, obwohl seine positiven Kenntnisse nicht gerade gross sein mögen. In ähnlicher Weise hat sich Goethe einmal ausgesprochen. Offen gestanden, ich habe zur Intuition kein rechtes Zutrauen und meine, dass der junge Dichter theils nach sich selbst forme, theils nach den Vorbildern, die ihm der Schulunterricht, die Lectüre und die eigene Erfahrung, die nicht gross sein mag, aber doch immerhin vorhanden ist, darbieten. Mit dem gesunden Verstande und der persönlichen Erfahrung hat es ja seine Richtigkeit, aber erstens ist eine ansehnliche Erfahrung nicht Jedermanns Sache, und zum andern versagt die Routine in eigenartigen Fällen. Wer schreibt gewöhnlich die Biographieen? Doch Buchmenschen(Philologen, Historiker, Schriftsteller ohne Belastung durch Fachwissen). Sie thun es, weil sie die grösste Sachkenntniss haben, aber führt ihr Beruf so recht zur Menschenkenntniss? Schwerlich. Den wirklichen Menschen lernt der Praktiker kennen, der Jurist, der Arzt, der Theolog, der Diplomat, der Offizier und solche Leute. Alle sehen den Menschen von irgend einer Seite; der eine sieht ihn, wie Schopenhauer sagt, in seiner Schlechtigkeit, der andere in seiner Schwäche,