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Rousseau’s Wahrhaftigkeit.
fühle, die wunderlichen Zu- und Abneigungen, die falschen Vorstellungen hervor; hier hilft kein Raisonnement, die Erfahrung des Arztes allein kann ihre Bedeutung verstehen lassen. Aeussere Umstände, besondere Erfahrungen können die krankhafte Reaction abändern, das Nebensächliche bestimmen, aber sie sind nie die wesentlichen Bedingungen. Nur wer dies alles begriffen hat, kann einen Menschen, wie Rousseau einer war, annähernd gerecht beurtheilen, und nur unter diesen Voraussetzungen kann man die Bekenntnisse Rousseau’s recht‘ verstehen.
Noch folgendes ist vorauszuschicken. Man hat oft an der Wahrheitliebe Rousseau’s gezweifelt. Die historische Prüfung aber, die Vergleichung der Bekenntnisse mit Briefen und Urkunden hat zur Genüge bewiesen, dass da, wo ein Urtheil möglich ist, Rousseau fast immer die Wahrheit sagt, dass das Falsche-auf Gedächtnissfehler zurückzuführen ist, und dass Rousseau sich nur über Nebenumstände geirrt hat. Der Sachverständige konnte dieses Ergebniss voraussehen, denn nicht nur trägt die Darstellung Rousseau’s unverkennbar den Stempel der Wahrhaftigkeit, unverkennbar wenigstens für Jeden, der über solche Dinge ein Urtheil hat und nicht gegen Rousseau voreingenommen ist, sondern die Absicht der Bekenntnisse lässt auch die Aufrichtigkeit des Schreibenden als höchst wahrscheinlich annehmen. Gegenüber den entsetzlichen Anschuldigungen, die nach der Meinung Rousseau’s über ihn verbreitet wurden, mussten ihm seine wirklichen Schwächen und Fehler als Nichtse erscheinen. Es ist durchaus be