Teil eines Werkes 
Bd. 1 (1911) J. J. Rousseau
Entstehung
Seite
85
Einzelbild herunterladen

da

nA

85

Grimm.

reiche Haus Epinap eingeführt, hatte er hier seinen Anker ausgeworfen. Wie Musset- Pathay richtig be­merkt, war Frau von Epinay ein Schatz für einen Abenteurer: gescheit, liebenswürdig, reich, von ihrem Manne vernachlässigt, nachgiebig und in moralischer Hinsicht ohne grosse Bedenken. Grimm wurde ihr Ge­liebter. Dass der im engsten freundschaftlichen Ver­kehre mit Frau von Epinay lebende Rousseau ihm im Wege war, ist begreiflich. Aus den erhaltenen Briefen geht hervor, dass er planmässig und mit Erfolg die Neigung der Frau von Epinay zu Rousseau bekämpfte. Vielleicht aber wäre er nicht zum Ziele gelangt, wenn nicht Rousseau selbst ihm zu Hilfe gekommen wäre. Rousseau nämlich hatte das Unglück, sich in die Schwägerin der Frau von Epinay, die Gräfin Houdetot zu verlieben. Diese war die Geliebte des Marquis Saint-Lambert, eines Mannes, von dem Rousseau mehr Gutes gesagt hat, als er verdient zu haben scheint. Rousseau wies den Gedanken von sich, die Gräfin zur Untreue an ihrem Geliebten zu verleiten, und wusste, dass seine Neigung hoffnungslos war. Nichts­destoweniger konnte er sich von ihr nicht befreien und war ausser Stande, die flammende Leidenschaft, die ihn erfasst hatte, zu verbergen. Grimm beeilte sich, seinen Vortheil wahrzunehmen. St. Lambert wurde durch einen anonymen Brief in Kenntniss gesetzt. Der Baron Holbach kam eigens nach la Chevrette, um sich den verliebten Rousseau anzusehen, und bald wusste alle Welt um die Sache. Frau von Epinay aber, die St. Lambert zugeneigt, ihrer Schwägerin abgeneigt war