Teil eines Werkes 
Bd. 1 (1911) J. J. Rousseau
Entstehung
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Die Verfolgung.

Man hatte Rousseau gesagt, er falle den politischen Umständen zum Opfer. Das Parlament, das im Begriffe war, die Auflösung des Jesuitenordens auszusprechen, wolle den Schein vermeiden, als ob es gegen Kirche und Religion streite, und wolle an dem Emil, in dem dasBekenntniss des savoyardischen Vikar als be­sonders anstössig erschien, wie an einem widerkirch­lichen Buche, ein Exempel statuiren. Rousseau selbst hat sich wohl nie mit dieser Erklärung begnügt. Er war überzeugt, dass persönliche Beweggründe die Hauptrolle spielten, und dass seine Verfolgung das Werk seiner Feinde war. Insbesondere glaubte er, dass der Herzog von Choiseul seine Hand im Spiele habe. In dem Gesellschaftvertrag, der einige Monate vor dem Emil erschienen war, hatte er an einer Stelle diesen Staatsmann, von dem er eine grosse Meinung hegte, zu loben beabsichtigt. Diese Stelle ist aber so wenig deutlich, dass Choiseul ebensowohl eine schneidende Verurtheilung in ihr finden konnte. Nun hatte Herr von Luxemburg eine Aeusserung gethan, aus der hervor­zugehen schien, dass der Herzog von Choiseul sich für beleidigt durch Rousseau hielt. Es lag also der Gedanke nahe, dass der Zorn des Ministers das Par­lament in Bewegung gesetzt oder doch angefeuert habe. In der That erklärt diese Annahme Vieles und man könnte sie für die richtige halten, wenn nicht die ganze Auseinandersetzung recht sehr an die Darstellungen der Paranoiakranken erinnerte, einen sozusagen para­noischen Anstrich hätte.

In späterer Zeit fasste Rousseau die Sache anders