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Die Briefe an Malesherbes.
Allerdings in meiner Jugend habe ich einige Anstrengungen gemacht, um vorwärts zu kommen. Aber sie hatten doch nur den späteren Rückzug und die Ruhe meiner alten Tage zum Ziele, und sie haben, da sie nur in Anläufen bestanden, wie es bei faulen Leuten der Fall ist, niemals den geringsten Erfolg gehabt. Als dann sich meine Krankheit entwickelte, bot diese mir ‚einen prächtigen Vorwand, um mich meiner Hauptneigung hinzugeben. Ich fand, dass es eine Verrücktheit sei, mich um eines Alters willen, das ich nicht erreichen würde, zu quälen, liess alles stehen und liegen und sputete mich, zu geniessen.
Hier haben Sie, mein Herr, in aller Aufrichtigkeit die wahre Ursache meiner Zurückgezogenheit, als deren Beweggrund die gelehrten Herrn die Sucht, Aufsehen zu erregen, angesehen haben. Diese würde eine Beständigkeit, ja Hartnäckigkeit voraussetzen, die eben das ist, was mir schwer fällt und meinen natürlichen Anlagen geradenwegs zuwiderlaufen würde.
Sie werden erwidern, dass die angebliche Trägheit schlecht mit den Schriften zusammenstimmt, die ich seit zehn Jahren verfasst habe, und mit dem Verlangen nach Ruhm, das mich zur Veröffentlichung getrieben haben muss, Um diesen Einwurf widerlegen zu können, muss ich meinen Brief verlängern und daher vor der Hand schliessen. Ich werde darauf zurückkommen, wenn mein familiärer Ton Ihnen nicht missfällt. Einen anderen kann ich in Herzenssachen nicht anschlagen. Ich will mich schildern ohne Schönfärbung und ohne falsche Bescheidenheit, ich will mich Ihnen so zeigen, wie ich mich