Teil eines Werkes 
Bd. 1 (1911) J. J. Rousseau
Entstehung
Seite
117
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Der zweite Brief.

thätig, weil ich närrisch war. Die Enttäuschungen blieben nicht aus, und ihnen entsprechend wechselten Geschmack, Neigungen und Pläne. Bei all diesem Wechsel aber verlor ich nur Mühe und Zeit, weil ich stets suchte, was nicht da war. Als ich Erfahrung er­worben hatte, verlor ich allmählich die Hoffnung des Findens und damit den Eifer des Suchens. Verdrossen durch das Unrecht, das mir widerfahren war, durch das, dessen Zeuge ich gewesen war, betroffen darüber, dass das Beispiel und die Macht der Umstände oft mich selbst in die Unordnung hineinrissen, begann ich mein Jahrhundert und meine Zeitgenossen zu missachten. Da ich fühlte, dass ich in ihrer Mitte keine mein Herz befriedigende Stellung finden würde, löste ich mich allmählich von der menschlichen Gesellschaft 10s und schuf mir eine andere Geselligkeit in meiner Einbildung, die mich um so mehr entzückte, als ich sie ohne Mühe und Gefahr pflegen konnte, sie stets zuverlässig und mir zusagend fand.

Nachdem ich vierzig Jahre meines Lebens unzu­frieden mit mir und den anderen hingebracht hatte, versuchte ich vergeblich die Bande zu lösen, die mich an die von mir so wenig werthgeschätzte Gesellschaft fesselten, die mich zu mir ganz und gar nicht zusagen­den Beschäftigungen zwangen durch anscheinend natür­liche, in Wirklichkeit eingebildete Bedürfnisse. Da klärte plötzlich ein glücklicher Zufall mich über das auf, was ich für mich zu thun, über andere zu denken hatte, über meine Nächsten, wegen deren sich Kopf und Herz in mir immer stritten, und die ich gern lieben wollte,