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Die Briefe an Malesherbes.
Mannigfaltigkeit der Kräuter und Blumen unter meinen Füssen, sie führten meinen Geist abwechselnd zur Beobachtung und zur Bewunderung. Das Nebeneinander so zahlloser reizvoller Dinge, zwischen denen meine Aufmerksamkeit schwankte, bald von dem einen, bald von dem andern angezogen, behagte meinem träumerisch-müssigen Sinne und liess mich oft im Stillen sagen: nein, Salomo in aller seiner Herrlichkeit war nicht bekleidet als derselben eins.
Meine Einbildungskraft bevölkerte bald die geschmückte Erde. Ich schuf mir Wesen nach meinem Herzen und, indem ich Meinungen, Vorurtheile und thörichte Leidenschaften weithin verbannte, führte ich in die stille Zuflucht der Natur ihrer würdige Menschen. Ich bildete aus ihnen eine reizende Gesellschaft, deren ich mich nicht unwerth fühlte, und formte mir ein goldenes Zeitalter nach meiner Phantasie. Alle Ereignisse meines Lebens, die mir eine liebe Erinnerung hinterlassen hatten, alle, an die mein Herz noch mit Sehnsucht dachte, liess ich an jenen schönen Tagen sich wieder abspielen, und der Gedanke an die wahren, rein menschlichen Freuden, die ebenso genussreich und rein, wie den Menschen fremd sind, rührte mich zu Thränen. O, wenn in diesen Augenblicken eine Erinnerung an Paris, an mein Jahrhundert, an meinen kleinen Schriftstellerruhm mich in meinen Träumen stören wollte, mit welchem Abscheu wies ich sie augenblicklich von mir, um mich ohne Zerstreuung den herrlichen Empfindungen hinzugeben, von denen meine Seele voll war. Indessen muss ich bekennen, dass zu